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Er hatte den Kampf zunächst mit der ganzen liebenswürdigen Gesellschaft zu führen.

Kegelmaier versuchte es anfangs mit der ihm angeborenen Schneidigkeit und Grobheit. Doch unser Vertreter, der auf dem Standpunkt stand, „auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil“, diente ihm in gleicher Weise, blieb ihm überhaupt nichts schuldig und brachte es in Bälde soweit, daß er von allen seinen Kollegen noch am anständigsten behandelt wurde.

Doch damit soll keineswegs gesagt sein, daß er wirklich anständig behandelt wurde, das konnte nach seinem Naturell unser Ortsvorstand einfach nicht und die Folge davon war, daß er in kurzer Zeit sein ganzes Kollegium gegen sich hatte, was ihn zu dem geflügelten Ausspruch brachte: „Das Protzentum hat sich mit der Kannaille verbündet.“

Diesen Ausspruch hat er allerdings privatim getan, denn sonst wäre ihm unverhohlen gesagt worden, wer eigentlich die Kannaille sei. Doch zurück zur allgemeinen Parteitätigkeit.

Unter weiterer emsiger Arbeit für unsere gute Sache rückten die Angstwahlen von 1887 heran.

Der bis Ende 1887 gewählte Reichstag wurde schon im Januar von dem eisernen Kanzler aufgelöst, angeblich, weil er die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres nur auf drei und nicht auf sieben Jahre, wie die Regierung verlangte, bewilligt hatte; in Wirklichkeit aber, weil die Regierung neue Militärforderungen im Auge hatte, wodurch dem deutschen Volke weitere Millionen neuer Steuern jährlich aufgebürdet wurden.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/92&oldid=- (Version vom 1.8.2018)