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Gute politische Deklamationen und Rezitationen kamen zum Vortrag von Heine, Uhland, Freiligrath und anderen. Den Schluß bildete gewöhnlich das gemeinsame Absingen unseres Schlachtrufes: der Marseillaise.

Manches neue Mitglied wurde auch hier gewonnen, wie überhaupt diese Veranstaltungen dem dreifachen Zweck dienten: 1. das Unterhaltungsbedürfnis zu befriedigen, 2. neue Anhänger zu gewinnen, und 3. Munition, Geld für unseren Kampf zu schaffen. 1877 wurde die erste große Festlichkeit, ein Arbeiterherbstfest, abgehalten. Die Festrede hielt Dr. Rieth, der in der Hauptsache Freidenker und nebenbei etwas Sozialdemokrat war. Als besondere Sehenswürdigkeit wurde in einer Extrabude gegen kleines Eintrittsgeld das „rote Gespenst“ gezeigt, das ein ehrsamer Schuster ausgezeichnet mimte und viel Heiterkeit erregte, sowie einen netten Batzen in unsere Kasse brachte. Das Fest verlief in allen Teilen, besonders auch in finanzieller Beziehung, zur vollsten Zufriedenheit und wir schwuren uns, die Sache im nächsten Jahre wieder in noch größerem Maßstab zu machen. Aber der Mensch denkt und der Kutscher lenkt. In diesem Fall waren es sogar zwei Kutscher, Hödel[ws 1] und Nobiling,[ws 2] und das nächste Jahr war das berüchtigte Jahr 1878.



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Max Hödel (1857–1878)
  2. Karl Eduard Nobiling (1848–1878)
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/8&oldid=- (Version vom 1.8.2018)