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Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich, wer als von uns bei dieser Affäre verhaftet wurde und mit mir das gleiche Dach teilte.

Zunächst der Kemütliche, ein Schlosser; dann mein Schwager, gleichfalls ein Schlosser; der Saussele, ein Schuster und die vier: zwei Schreiner, ein Zigarrenmacher und ein Kupferschmied. Bei letzterem, dem vierten, sagte Kegelmaier, sie seien in flagranti, d. h. auf der Tat ertappt worden, ich aber dachte, du lügst mich nicht an, denn wenn dieselben auf der Tat ertappt worden wären, so hättet ihr sie sofort hinter Schloß und Riegel gesteckt und ich und der August hätten uns gestern früh nicht guten Morgen sagen können.

Von dieser, wie er glaubte, mich niederschmetternden Eröffnung hoffte er ein reumütiges Bekenntnis meiner Schuld, täuschte sich aber gewaltig, denn ich gab zu Protokoll, daß ich von der ganzen Sache nichts wisse. Sehr enttäuscht und äußerst ungnädig wurde ich dann an diesem Tage von ihm entlassen, um am nächsten Morgen um dieselbe Zeit wieder vorgeführt zu werden.

Bei dieser zweiten Vernehmung erfuhr ich Betrübendes und Erfreuliches. Zunächst, daß der arme W. in Hirschberg verhaftet wurde und per Schub nach hier verbracht werde. Dann weiter, daß mein Schwager aus der Haft entlassen sei, was nicht mehr als recht und billig war, denn das Unschuldskind hatte wirklich keine Ahnung von der Benützung seiner Adresse.

Daß die übrigen Verhafteten jede Beteiligung an der Verbreitung in Abrede stellen, daß Saussele zu Protokoll gab, er habe Verdacht auf den Wachtmeister Kaiser, derselbe habe ihm die Flugblätter

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Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/72&oldid=- (Version vom 1.8.2018)