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erschien der Stationskommandant namens Deckele mit zwei Landjägern vor meiner Haustür und begehrten Einlaß. Nun durften die Schutzleute abziehen.

Die Neuangekommenen mußten nicht wenig wettern, bis ihnen der Hausherr gleichfalls unter Wettern die Türe endlich öffnete und unter gehörigem Räsonieren nach ihrem Begehr fragte.

Als sie ihm mitgeteilt hatten, daß sie von der Staatsanwaltschaft beauftragt seien, bei mir abermals Haussuchung vorzunehmen, hätte er sie am liebsten wieder zum Hause hinausgeworfen. Es kostete mich alle Mühe, ihn zu bewegen, bei der Haussuchung als Urkundsperson zu fungieren. Nun wurde abermals, nahezu zwei Stunden resultatlos gesucht, worauf mir der Vorführungsbefehl präsentiert wurde und dann gings unter Bedeckung der drei Mann dem nahen Landgerichtsgefängnis[ws 1] zu.

Auf diesem Wege mußte ich an dem Hause eines der Verbreiter vorbei. Derselbe stand wohlbehalten unter der Haustüre und fragte anscheinend verwundert, bei dem „Guten Morgen“, den wir uns gegenseitig wünschten, was sie denn eigentlich mit mir vorhätten. Der gute Mann ahnte nicht, daß ihn wenige Stunden später das gleiche Schicksal ereilen würde.

An meinem Bestimmungsort angelangt, wurde ich zunächst in sicheren Gewahrsam genommen, d. h. ich wurde zu einem sogenannten Fruchthändler, einem Sackträger gesperrt, der neben dem Sacktragen noch einen Handel mit der Frucht seines Herrn auf eigene Rechnung betrieben hatte und derentwegen hinter Schloß und Riegel saß.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Landgericht Heilbronn, damals im Deutschhof untergebracht
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/68&oldid=- (Version vom 1.8.2018)