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„Freiheit“ ausgezeichnet. Man sieht, es sind so ziemlich dieselben Argumente, die unsere heutigen Anarchisten ins Feld führen. Bei der alten Richtung dagegen gab es ziemlich Arbeit, da wurde die Aufklärung nicht allein dem Parteiblatt überlassen, sondern sie wurde wie bereits bemerkt, in gegnerischen Versammlungen besorgt, sie wurde besorgt, indem die Reichstagsreden unserer Genossen unter dem Volk verbreitet wurden, sie wurde besorgt dadurch, daß von Zeit zu Zeit, bei Nacht und Nebel, bei Winterkälte, Sturm und Regen, scharfgeschriebene Flugblätter in die Massen geschleudert wurden, ein Stück Arbeit, von dem man sich einen Begriff machen kann, wenn man weiß, daß die Genossen manche Samstagnacht die ganze Nacht über auf den Beinen waren, um dies zu besorgen.

Ein solches Stück Arbeit war also auch wieder in der Nacht vom Ostersonntag auf Ostermontag 1881 zu bewältigen. Am Ostersamstagabend war, wie schon früher festgesetzt, großer Kriegsrat. Nachdem die Haussuchungen durchgesprochen, sowie die Erfahrungen, die dabei gemacht wurden, gegenseitig ausgetauscht waren, ging es an die Hauptsache, die Besprechung über die Flugblattverbreitung. Die Vorarbeiten waren schon früher erledigt, die Stadt war in Bezirke eingeteilt und die Verbreiter für die einzelnen Bezirke, sowie für das Land, bestimmt. Es galt nur noch endgültig darüber schlüssig zu werden, ob die Verbreitung vorgenommen werden soll, trotz der stattgefundenen Haussuchungen.

Nachdem ich die Sachlage klargelegt und darauf hingewiesen hatte, daß meine Verhaftung, sowie

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Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/64&oldid=- (Version vom 1.8.2018)