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verbot auf Grund des famosen Gesetzes das Weitererscheinen dieser Zeitungen oft schon nach wenigen Tagen. Allen aber wurde früher oder später das Lebenslicht ausgeblasen.

Nun erst wurde der Züricher „Sozialdemokrat“ geschaffen. Mittlerweile hatte sich die Most’sche „Freiheit“ so eingebürgert, daß es im Anfang schwer hielt, überhaupt Abonnenten für unser neues Zentralorgan, den Züricher „Sozialdemokrat“ zu bekommen. Das zu lange Zuwarten bei der Schaffung dieses Blattes rächte sich zunächst an der Partei bitter. Mit dem Erscheinen des „Sozialdemokrat“ änderte Most seine Schreibweise in der „Freiheit“ insofern, als er sich nicht mehr allein gegen die deutsche Regierung wandte, sondern gleichzeitig auch gegen unser Zentralblatt, den „Sozialdemokrat“, in dem er einen gefährlichen Konkurrenten sah, ja gegen die Partei und die Parteileitung selbst. Was Most in der Herabwürdigung und Beschimpfung der führenden Parteigenossen leistete, überstieg alles bisher dagewesene. Dies hatte zur Folge, daß der überwiegende Teil der deutschen Genossen sich von ihm und seiner „Freiheit“ abwandten. Ein nicht unbedeutender Bruchteil blieb ihm solange treu, bis unwiderleglich festgestellt war, daß die Mostsche „Freiheit“ in London mit deutschem Polizeigeld unterstützt wurde, daß das Blatt unter dem Schutz der deutschen Polizei zu uns kam, was auch eine Erklärung dafür abgab, daß das Mostblatt immer so prompt und regelmäßig nach Deutschland kam, während unser Züricher „Sozialdemokrat“ dann und wann abgefangen wurde.

Nun hatte endlich die Mosterei für Deutschland

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Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/62&oldid=- (Version vom 1.8.2018)