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ihnen, wie sie an mir hingen. Wie werden sie den Vater vermissen? Wie werden sie die Mutter mit Fragen nach demselben bestürmen und wie wird die Mutter diese Fragen beantworten? Ich dachte an die allernächste Zukunft der Meinen, von was werden sie leben, nachdem der Ernährer hinter Schloß und Riegel sitzt? Ersparnisse waren keine vorhanden, was verdient wurde, reichte gerade notdürftig, bei sparsamer Lebensweise, zum Unterhalt der Familie.

Nachdem die Beiträge in drei Krankenkassen, die Prämie für Lebens- und Feuerversicherung bezahlt, die Verbands- und Parteibeiträge beglichen und die Kosten für zwei Zeitungen aufgebracht waren, blieb nichts, absolut nichts mehr übrig zur Rücklage, trotz verhältnismäßig hohem Verdienst, der durch Akkordarbeit herausgeschunden wurde. Doch in diesem Punkte beruhigte ich mich, Isak war da, die Parteigenossen waren da, sie lassen sicherlich die deinigen nicht darben, sagte ich mir und ich hatte recht. Ich dachte an die Voruntersuchung und unwillkürlich stieg mir wieder der Gedanke auf, sie lassen dich sitzen bis zum Wahltag, das waren gerade noch sechs Wochen. Dieser Gedanke brachte mein Blut abermals in Wallung, sodaß ich aufsprang, um meine unterbrochene Wanderung im Käfig wieder aufzunehmen.

Mein Erligheimer schlief indessen den Schlaf des Gerechten, was aus seinem Schnarchen hervorging. Diese Gelegenheit benützte ich, um behutsam den Honighafen herauszuziehen und der Natur ihr Recht zu geben. Erligheim erwachte nicht während dieser Prozedur und ich setzte meine Wanderung fort, bis mein aufgeregtes Blut sich

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Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/29&oldid=- (Version vom 1.8.2018)