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Ein Verbreiter war schon abgefertigt und unterwegs. Die Uebrigen rückten gerade an, denn es war mittlerweile 12 Uhr geworden. Als Isak den Polizeiamtmann und Schutzmann sah und erfuhr, um was es sich handelte, war er ganz aus dem Häuschen, er spuckte, was er in großer Erregung immer tat und wäre den beiden am liebsten ins Gesicht gesprungen. Ich hatte alle Mühe, um ihn halbwegs bei Vernunft zu erhalten.

Nachdem die heilige Hermandad mit unserem Schatz sich entfernt, der Schutzmann keuchend mit der Kiste, wurde kurzer Kriegsrat gehalten und beschlossen, sofort Beschwerde wegen der Beschlagnahme zu erheben, sowie nochmals bei einigen tüchtigen Rechtsanwälten anzufragen, ob der Inhalt des Flugblatts wirklich strafbar sei. Die Beschwerde wurde sofort erledigt, die Umfrage im Lauf des Nachmittags. Keiner der gefragten Rechtsanwälte konnte, trotz sorgfältiger Prüfung, in dem Flugblatt etwas strafbares entdecken.

Trotzdem wurde ich und ein Schuster, der die Verbreitung vor einer Silberwarenfabrik[ws 1] prompt besorgt hatte, zwei Tage später in Untersuchungshaft genommen. Dasselbe Verfahren, das man gegen unsere Genossen im übrigen Deutschland anwandte.

Das Flugblatt gab den gewünschten Vorwand ab um auch mich, den einzigen Redegewandten am Ort, aus dem Wahlkampf zu entfernen, um auch hier die Sozialdemokratie mundtot zu machen. Dies trat noch deutlicher zu Tage dadurch, daß ein Antrag, mich gegen Kaution auf freien Fuß zu setzen, abgelehnt wurde unter dem nichtigen

Anmerkungen (Wikisource)

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/17&oldid=- (Version vom 1.8.2018)