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und heller Jubel, helle Begeisterung herrschte in unseren Reihen.

Es war nicht die Stimmung einer unterlegenen, geschlagenen Partei, sondern frohe Siegeszuversicht beherrschte die Versammelten.

Während wir, nichts Schlimmes ahnend, uns wie schon geschildert, in unserer Parteiversammlung beschäftigten, hatte sich der Marktplatz mit einer Menschenmasse gefüllt und dumpfes Brausen drang bis in unser Versammlungslokal.[ws 1]

Wir beeilten uns nach der Sache zu sehen und fanden den Marktplatz Kopf an Kopf besetzt mit Personen jeden Standes. Es wurden Hochrufe auf Kegelmaier ausgebracht und unsere Anhänger antworteten mit Hochrufen auf unseren Kandidaten. Wie aus den Hochrufen zu entnehmen war, waren unsere Anhänger in der Mehrzahl. Es war kein Zweifel, die politischen Gegner waren aneinander geraten.

Nach sofort eingezogener Erkundigung erfuhren wir, daß unsere Schutzmannschaft, soweit sie im Wachtzimmer anwesend war, die Schuld trage an dieser Ansammlung, an diesem Hochrufen und der dadurch verursachten gereizten Stimmung. Nach Bekanntwerden des Wahlresultats hatten diese Ordnungshüter eine Anzahl auf dem Marktplatz befindliche junge Leute aufgefordert, Hochrufe auf Kegelmaier auszubringen und diese Elemente kamen der Aufforderung um so lieber nach, als sie dadurch einmal auf dem Marktplatz ungestört Hochschreien durften, so viel sie wollten.

Anfangs wurden diese Narrenpossen von unseren Anhängern, die nach der „Rose“ pilgerten, um das hiesige und womöglich auch auswärtige

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Das Gewerkschafts-Gasthaus Rose in der Rosengasse am Marktplatz, an dessen Stelle heute der Käthchenhof steht
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/125&oldid=- (Version vom 1.8.2018)