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für seinen Stand eintrete, daß auch er und seine Kollegen unter der ungerechten indirekten Besteuerung schwer zu leiden haben, daß die Volksschullehrer überhaupt das Aschenbrödel unter der Lehrerschaft seien und daß wir für eine Besserstellung dieser Lehrerschaft, sowie eine Hebung der Volksschule, energisch eintreten. Wenn die Lehrer uns trotzdem bekämpfen, so könne man mit Recht sagen: „O Herr, vergib Ihnen, denn Sie wissen nicht was Sie tun.“

Dem Herrn Pfarrer wurde gewöhnlich sein Herr und Meister, Jesus Christus, um die Ohren geschlagen. Es wurde ihm nachgewiesen, daß derselbe auf Seiten der Armen, der Unterdrückten stand, während die heutige Kirche es umgekehrt mache, stets auf der Seite der jeweils herrschenden Klassen zu finden sei, wie die Kirchengeschichte zeige. Ja mehr noch, daß da wo die Kirche im Staat die Oberherrschaft habe, das arme Volk von ihr ebenso schlimm ausgebeutet und ausgesaugt würde, wie von den herrschenden Klassen und daß sie die Armen und Aermsten als Entschädigung dafür stets auf ein besseres Jenseits vertröste, während die jeweiligen Stellvertreter Christis es sich im Diesseits wohl sein ließen. Es wurde ihm gesagt, daß wenn Jesus Christus heute zu uns käme, er nirgends anders als auf der Seite der Sozialdemokratie zu finden wäre, die wirklich praktisches Christentum treibe und daß er in diesem Falle mit eisernem Besen die heutige christliche Kirche ausfegen würde.

Der Herr Schultheiß, der unter der Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher sich allgemein als Dorfpascha ausgewachsen hatte und infolge dessen

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Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/106&oldid=- (Version vom 1.8.2018)