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Namens durch Verdächtigungen und Zurücksetzungen brüskierte und sie mit Vorliebe zu den gefährlichsten Dienstleistungen benutzte.

Selbst die liberalen russischen Blätter, die während der Revolution so überzeugt für Freiheit und Menschenrechte eintraten, schwiegen damals wohlweislich, sie entdeckten ihr Herz für diese höheren Dinge erst später, als die Sache nicht mehr gefährlich war. Die von der „Nowoje Wremja“ veröffentlichten Denunziationen, die vielfach auf den ersten Blick die Herkunft aus der Gesindestube verraten, sind von ihrem Autor Rennikow zu einem Sammelbande vereinigt worden, und sie bilden eines der merkwürdigsten Zeitdokumente, das durch einen Band von Widerlegungen, der von dem Abg. Baron Meyendorff gesammelt und herausgegeben worden ist, ergänzt wird. Nebenbei sei nur bemerkt, daß zahlreiche Denunziationen, soweit sie sich auf Deutschbalten beziehen, auf lettische Quellen zurückzuführen sind. Hatte doch die lettische Presse aller Parteifärbungen, insbesondere aber die der Großbourgeoisie in bezug auf Verleumdungen den Rekord der „Nowoje Wremja“ nicht ohne Erfolg bestritten.

Doch ich sehe, daß ich von meinem eigentlichen Thema abgekommen bin. Ich will dieses Kapitel mit einem humoristischen Zwischenfall beschließen. Ein guter Bekannter, der den Sommer in Finnland verbracht hatte, wurde von schwedischen Freunden festgehalten — sie glaubten ihm die drohende Verbannung ersparen zu können. Sie sahen sich aber getäuscht, denn die für Reichsdeutsche gültigen scharfen Bestimmungen wurden sehr bald auch auf Finnland ausgedehnt — daß das wieder eine der unzähligen Verletzungen der finnländischen Verfassung war, kümmerte die zarische Regierung wenig. Trotzdem hielt der Betreffende, ein Österreicher, sich noch längere Zeit verborgen, bis es ihm doch angezeigt schien, sich zu melden, um seine Freunde nicht einer schweren Strafe auszusetzen. Er fuhr also nach Wiborg und meldete sich dort beim Polizeimeister, der ihn verhaften

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Oskar Grosberg: Russische Schattenbilder aus Krieg und Revolution. C. F. Amelang, Leipzig 1918, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:GrosbergRussischeSchattenbilder.pdf/41&oldid=- (Version vom 1.8.2018)