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Gegenständen vollständig untersagt wurde. Die Ausgewiesenen wurden in Waggons gesperrt, deren Fenster mit Ölfarbe dick verschmiert waren, und sie wurden auf der Grenzstation Beloostrow, sowie an der schwedischen Grenze einer peinlichen Durchsuchung unterworfen, es wurden hierbei nicht nur Geldsummen und Wertsachen, sondern auch jeder beschriebene Fetzen Papier abgenommen; trotzdem gelang es nicht wenigen, das Ihrige durchzubringen, man mußte nur findig sein und einen hilfreichen russischen Freund besitzen. Nicht jeder Ausgewiesene brauchte wie jene Dame ihr Vermögen in Petersburg in großen Diamanten anzulegen und diese dann zu verschlucken — eine Thesaurierung, die bei einer Eisenbahnreise entschieden mit großem Risiko verbunden ist.

Welche Einnahmen die Ausweisungen der russischen Polizei verschafften, kann man sich unschwer denken, wenn man berücksichtigt, daß der Appetit eines Petersburger höheren Polizeibeamten allenfalls von dem eines ausgewachsenen Haifisches übertroffen werden kann, und daß andererseits oft enorme geschäftliche Interessen auf dem Spiele standen, die ausgiebige Schmiergelder begreiflich erscheinen ließen. So mancher Kaufmann oder Fabrikant hat trotz alledem monatelang ruhig in der Residenz leben und seine Geschäfte ordnen können, wenngleich sein Stündlein schon längst geschlagen hatte. Freilich mußte er sich die häufigen Besuche der freundwilligen Polizisten gefallen lassen, die ihren Sold prompt abholten und den Betrag beständig steigerten, indem sie darauf hinwiesen, welches enorme Risiko sie trügen und daß die „Nachsicht“, die sie übten, sie leicht Stellung und Ehre (!) kosten könne.

Aber schließlich hatte auch die „Nachsicht“ der Polizisten ein Ende, und man mußte nun entweder nach Deutschland oder aber in die Verbannung. Mitunter gestaltete sich diese übrigens nicht allzu schlimm, namentlich wenn man über ausgiebige Geldmittel verfügte und sich dank diesen mit den

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Oskar Grosberg: Russische Schattenbilder aus Krieg und Revolution. C. F. Amelang, Leipzig 1918, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:GrosbergRussischeSchattenbilder.pdf/36&oldid=- (Version vom 1.8.2018)