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allerlei Mobiliar, ganze Berge von Akten, Vorhänge, Polstermöbel und Gemälde flogen in hohem Bogen aus den Fenstern und Türen; die schweren Gegenstände zerbarsten mit dumpfem Klange auf dem Pflaster, wo sie von tausenden eifrigen Händen aufgelesen, zu hohen Scheiterhaufen getürmt und in Brand gesteckt wurden. Die Flammen schlugen hoch auf, und wie es in einer zivilisierten Stadt nicht anders sein kann, war auch bald die Feuerwehr zur Stelle, doch trat sie nicht in Aktion, sondern hielt sich abseits, nachdem der Brandmeister von dem anwesenden Stadthauptmanne, General Fürst Obolenski, eine Weisung erhalten hatte.

Nicht weit von der prustenden Dampfmaschine der Feuerwehr stand inmitten einer Gruppe von Generalen und hohen Polizeibeamten der Stadthauptmann; die Herrschaften rauchten eine Papiros nach der anderen und amüsierten sich über irgend etwas ganz außerordentlich; den Vorgängen im Botschaftsgebäude schenkten die Herren, die sich offenbar lustige Anekdoten erzählten, keinerlei Beachtung. Sie benahmen sich, wie sich etwa die Teilnehmer an einem überaus gelungenen Picknick zu benehmen pflegen. Da glänzte auch das feiste, hochmütige Gesicht des Polizeimeisters von vorhin; er paffte eine dicke Papiros; er konnte in diesem Augenblicke natürlich nicht ahnen, daß er während der Revolutionstage von der Menge geknüppelt werden würde.

Währenddessen war schon der bronzene Adler von der Fahnenstange heruntergeholt worden, mit dumpfem Krach schlugen bald darauf die bronzenen Rossebändiger auf das Pflaster, die Menge schleppte sie zur Moika, wo sie feierlich versenkt wurden; aber die Rosse widerstanden allen Anstrengungen, und man mußte endlich davon abstehen, sie vom Giebel des Gebäudes zu entfernen.

Die Menge hatte mich schließlich so weit nach vorn gedrängt, daß ich die Botschaft betreten konnte; noch immer arbeiteten hunderte von Menschen, Janhagel, junge Mädchen, Gassenbuben, Studenten und auch einige Offiziere am Rasgrom.

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Oskar Grosberg: Russische Schattenbilder aus Krieg und Revolution. C. F. Amelang, Leipzig 1918, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:GrosbergRussischeSchattenbilder.pdf/26&oldid=- (Version vom 1.8.2018)