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nur als Plünderer und Zerstörer, sondern als Vertreter einer gewissen Klasse, die ihren großen Tag feiert.

Da standen wir nun hilflos mitten drin in dem Ereignisse, das wir seit Monaten befürchtet hatten und das doch überraschend gekommen war. Daß die russischen Soldaten plünderten, darüber wunderte sich füglich niemand, man bedauerte nur, daß die Ereignisse um Riga sich so rasch abgewickelt hatten, daß man keine Zeit gehabt hatte, sich vorzusehen und sein Eigentum zu sichern. Von einer Armee, die von der Revolution bis zu einem Grade entartet war, daß man schließlich nicht mehr von Soldaten, sondern nur noch von einem zuchtlosen, bewaffneten Haufen sprechen konnte, konnte man schlechterdings nichts anderes erwarten, als die wilden Ausschreitungen, die sie sich überall dort hat zuschulden kommen[WS 1] lassen, wo sie sich hatte zurückziehen müssen.

Und wenn man gerecht sein will, so wird man alle Schuld nicht der Revolution, die so sonderbare Blasen geworfen hat, zuschieben können, sondern man wird zugeben müssen, daß die Manneszucht nicht erst dann über Bord geworfen worden ist, als die russischen Truppen den roten Fetzen der Revolution folgten, sondern als an ihrer Spitze noch die kaiserlichen Fahnen wehten. Wenn die kaiserliche Regierung Gesetz und Recht mit Füßen getreten und auf Schritt und Tritt das Recht fremden Eigentums gröblich verletzt hatte, so konnte man vom gemeinen Mann mit seinen überaus primitiven Eigentumsbegriffen kaum etwas anderes erwarten, als was er zuwege gebracht hat.

Das Vorgehen russischer Generale und Offiziere, die ohne weiteres reichsdeutsches Eigentum annektierten und es nicht nur in zeitweilige Benutzung nahmen, sondern es, wenn sie seiner nicht mehr bedurften, verkauften, die auch das Eigentum der eigenen Untertanen in tausend Fällen antasteten, ohne daß den Eignern Ersatz oder Entschädigung geleistet worden wäre, ist nicht geeignet gewesen, den Mannschaften Respekt vor fremdem Eigentum einzuflößen oder diesen Respekt,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: komman
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Oskar Grosberg: Russische Schattenbilder aus Krieg und Revolution. C. F. Amelang, Leipzig 1918, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:GrosbergRussischeSchattenbilder.pdf/139&oldid=- (Version vom 1.8.2018)