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Augenblick die Richtung nehmen könnten, wie lange die Beschießung dauern und Wie intensiv sie sein würde. — Man mußte voraussetzen, daß die Stadt erst nach energischem Widerstande aufgegeben werden würde, — das war ja wiederholt und in der bestimmtesten Form proklamiert worden und schien um so wahrscheinlicher, als die Front mit Leuten, Geschossen und anderem Bedarf mehr als ausreichend ausgestattet war. Freilich konnte niemand mit Zuversicht sagen, wie weit die Widerstandsfähigkeit der entarteten Soldaten reichen würde, — doch wußte man, daß die Truppen zur Verteidigung ihrer Positionen bereit waren, während sie mehrfach erklärt hatten, daß sie für einen Angriff nicht mehr zu haben seien.

Am Sonntage, dem 2. September, brachten die lettischen Blätter, sowie das Organ des Soldatenrates der XII. Armee, „Rishski Front“ lakonische Nachrichten über die Vorgänge in der Stadt, sowie an der Front.

In einem vom Stabe inspirierten Artikel der „Rish. Utro“ hieß es, daß der Feind bei Üxküll nach energischer Beschießung mit Gasbomben und Trommelfeuer die russischen Truppen zurückgedrängt und mit nicht unbeträchtlichen Truppenmassen die Düna forciert habe. An der ganzen Front werde ein starker Druck ausgeübt, die feindliche Artillerie beschieße den Dünaburger Bahnhof, habe einige Gebäude zerstört, und es seien auch Menschenopfer zu beklagen. Im übrigen könne die Lage nicht als katastrophal bezeichnet werden.

Wenn aus dieser Epistel mit aller Deutlichkeit hervorging, daß die Lage zum mindesten außerordentlich ernst geworden war, so stießen die Leute vom „Rishski Front“ mächtig ins Horn, indem sie einen Aufruf an die „Kameraden der revolutionären XII. Armee“ richteten, in dem sie diese aufforderten, die Revolution und die gesamte russische Demokratie gegen die Eroberungsgelüste des deutschen Kaisers und „seiner Horden“ zu schützen. „Die russische Revolution ist in Gefahr,“ hieß es im üblichen bombastischen Stil weiter,

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Oskar Grosberg: Russische Schattenbilder aus Krieg und Revolution. C. F. Amelang, Leipzig 1918, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:GrosbergRussischeSchattenbilder.pdf/132&oldid=- (Version vom 1.8.2018)