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Großherzoglich Hessisches Ministerium des Innern : Großherzoglich Hessische AusführungsVO zur GewO

werden, die bereits früher als seine Begleiter zugelassen waren, so genügt in der Regel eine Bescheinigung, daß seit der Ausstellung des letzten Scheines keine Veränderungen in den Verhältnissen eingetreten sind, namentlich daß keine Bestrafung wegen Verletzung der auf den Gewerbebetrieb im Umherziehen bezüglichen Vorschriften und keine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einer Woche erfolgt sei. Bei allen Anträgen auf Erteilung von Wandergewerbescheinen zum Kessel- und Schirmflicken, zum Pferdehandel, zur Kunstreiterei und dergleichen sowie bei allen Anträgen inländischer Zigeuner hat die Prüfung der persönlichen Verhältnisse jedoch stets nach Maßgabe des in Anlage 1 enthaltenen Musters zu erfolgen. Außerdem soll von Zeit zu Zeit von dem Kreisamt angeordnet werden, daß die Verhältnisse aller Antragsteller unter Zugrundelegung dieses ausführlichen Musters erneut geprüft werden.

§ 84.

Die Anträge sind mit Beschleunigung unter Beischluß der gehörig ausgefüllten und bescheinigten Fragebogen dem zur Entscheidung über den Antrag zuständigen Kreisamt vorzulegen (§ 88). Dieses hat den Inhalt der Anlagen auf seine Vollständigkeit und Richtigkeit zu prüfen und die etwa erforderlichen Ergänzungen und Berichtigungen herbeizuführen.
Entstehen Zweifel wegen der Richtigkeit der Angaben über die Bestrafungen des Antragstellers oder seiner Begleiter, so sind nötigenfalls die Strafregisterbehörden um Auskunft zu ersuchen.

§ 85.

Versagungsgründe.Von der Bestimmung des § 57b Ziff. 4 G.O., wonach der Wandergewerbeschein versagt werden darf, wenn für den Unterhalt der Kinder des Wandergewerbetreibenden und den Schulunterricht seiner schulpflichtigen Kinder nicht genügend gesorgt ist, ist streng Gebrauch zu machen. Desgleichen ist die Erteilung von Wandergewerbescheinen an inländische Zigeuner nach Möglichkeit zu beschränken. Wenn in einzelnen Fällen in Ermangelung gesetzlicher Versagungsgründe dem Antrag eines inländischen Zigeuners stattgegeben werden muß, so ist seine Zigeunereigenschaft in dem Wandergewerbeschein ausdrücklich zu vermerken oder, falls diese Eigenschaft nicht mit Sicherheit festgestellt ist, der Zusatz aufzunehmen: „Zieht nach Zigeunerart im Land umher“.

§ 86.

Für Gewerbebetriebe, deren Ausübung gegen die guten Sitten verstößt, dürfen Wandergewerbescheine nicht erteilt werden. Mit Rücksicht hierauf sind Wandergewerbescheine zur gewerbsmäßigen Aufführung von Passionsspielen im Umherziehen, zum Wahrsagen usw. zu versagen. Bei Erteilung von Wandergewerbescheinen zu sogenannten anatomisch-pathologischen Museen, Wachsfigurenkabinetten, Kinematographen und dergleichen, die ihrer Zusammensetzung und Zweckbestimmung nach höheren Interessen der Wissenschaft nicht dienen, sowie bei der Ausdehnung solcher in anderen Bundesstaaten ausgestellten Wandergewerbescheine ist auf der zu handschriftlichen Eintragungen freigelassenen Seite des Wandergewerbescheins darauf hinzuweisen, daß Nachbildungen, die das Schamgefühl verletzen, nicht zur Schau gestellt werden dürfen.
Beim Prüfen der Frage, ob für die den Verhältnissen des Verwaltungsbezirkes entsprechende Personenzahl ausreichend Wandergewerbescheine erteilt oder ausgedehnt sind (§ 55 Ziff. 4, § 57 Ziff. 5, § 60 Abs. 2), ist die Zahl der in dem Bezirke für das gleiche oder für verwandte Gewerbe zugelassenen Ausländer mitzuberücksichtigen. Die Bedürfnisfrage ist streng zu prüfen.
Wandergewerbescheine zum Feilbieten von Waren durch Ausspielung usw. (§ 56c) – dazu gehört auch das Ring- und Plattenwerfen – sind nicht zu erteilen. Derartige Wandergewerbescheine