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Sechstens: die Haare der Hexe haben versteinernde oder bindende Kraft auch bei Basile 1, nr. 7, Andrews nr. 39, Consiglieri-Pedroso nr. 11, Kremnitz nr. 17, Cavallius nr. 5a usw. Vgl. Cosquin 1, 20. 79. Hartland 3, 95–147.

Siebentens: das bloße Schwert, das der zweite Bruder im Bett zwischen sich und seine Schwägerin legt, ist ein uraltes Symbolum castitatis[1] und spielt daher eine wichtige Rolle in den Freundschaftssagen von Sigurd und Gunnar (Rassmann, Heldensage 1, 189, W. Grimm, Heldensage ² S. 370), von Amicus und Amelius (Hartmann, Der arme Heinrich hsg. von den Brüdern Grimm 1815 S. 190. 219. Chauvin 8, 194), von Engelhart und Dietrich bei Konrad von Würzburg v. 4566. 5010, von Alexander und Ludwig in den Sieben weisen Meistern (Keller, Sept sages p. CCXXXIV. Dyocletianus S. 64), von Olwier und Artus (Ziely 1521 cap. 57). Ferner in der Sage von Orendel und Bride v. 1833, im Wolfdietrich B str. 580 (Müllenhoffs Heldenbuch 3, 254), in der Ballade vom Südeli (Erk-Böhme, Liederhort 1, 549 nr. 178), im englischen Generides v. 3921 ed. Wright = 6511 ed. Furnivall, in der Ballade von Lord Ingram und Chiel Wyet (Child, English ballads nr. 66. 2, 127. 511), in der Erzählung vom Einsiedler im Bett der Königin (R. Köhler 2, 422), in der Sage von Gormo bei Saxo Grammaticus B. 9 p. 179, in der Gaungu Rolfssaga (Fornaldar sögur 3, 303), auch in einer hebräischen Erzählung (Revue des études juives 35, 69. 47, 211. Mitt. der schles. Ges. f. Volksk. 8, 15, 73). Um die erwarteten Lauscher zu täuschen, legt Tristan in der Wildnis ein Schwert zwischen sich und Isolde; s. Hertz, Gottfried von Straßburg 1901 S. 551; und Karl der Große steckt, als er Eginhart und Emma schlafend findet, in der portugiesischen Romanze von Gerinaldo (Varnhagen, Longfellows Tales 1884 S. 94. Rajna, Epopea francese p. 406) sein Schwert zwischen sie. Bei fürstlichen Vermählungen durch einen Stellvertreter, z. B. bei der Maximilians I. mit Maria von Burgund, ward ein blankes Schwert zwischen beide gelegt. Das schon im 12. Jahrhundert in Indien bestehende Schwertklingengelübde, nach welchem ein Büßer ein ganzes Jahr lang nachts ein Schwert zwischen sein Weib und sich legte, führt A. Weber (Monatsbericht der Berliner Akademie 1869, 40) auf westlichen


  1. J. Grimm, Rechtsaltertümer ⁴ 1, 232. W. Hertz zum Tristan 1901 S. 551. Chauvin, Bibliographie arabe 5, 62. 8, 194. Heller, L’épée symbole et gardienne de chasteté (Romania 36, 36–49).
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 554. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_554.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)