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59. Der Frieder und das Catherlieschen. 1856 S. 101.

1819 nr. 59, eingesetzt für 1812 nr. 59 ‘Prinz Schwan’ (vgl. unten zu nr. 127 ‘Der Eisenofen’). Zugrunde liegt eine Erzählung aus Zwehrn (von der Frau Viehmannin). Dagegen ist aus einer andern hessischen aufgenommen, wie Catherlieschen auf dem Weg die Butter mitleidig verbraucht und die Käse fortrollen läßt; nach einer dritten aus Fritzlar ist der Schwank mit den Gickelingen und dem irdenen Geschirr erzählt.

In jener aus Zwehrn gibt der Mann vor, er habe einen Hasenbalg unter der Kuhkrippe begraben. Catherlieschen heißt die Krämer diesen hervorholen, worauf sie den Schatz heben; die gekauften Töpfe hängt es rings ums Haus an die Nägel, die da stecken.

Eine vierte Erzählung aus den Diemelgegenden (vor 1822) hat verschiedene Eigentümlichkeiten. Der Mann geht zur Feldarbeit und sagt der Frau: ‘Steck Fleisch in den Kohl, und wenns fertig ist, brings hinaus aufs Feld!’ Sie nimmt das rohe Fleisch, trägts hinaus aufs Feld, wo ihr Kohl steht, und steckts da hinein. Der Hund witterts bald und holt den Braten weg; sie läuft ihm nach, fängt ihn und bindet ihn daheim zur Strafe an das Bierfaß im Keller, und zwar an den Krahn. Der Hund wird wild und ungeduldig und zieht den Krahn heraus. Wie die Frau in den Keller kommt, schwimmt alles Bier darin. Nun trocknet sie es mit Mehl auf. Sie nimmt Essig und Hutzeln in die Hand und, um das Haus zu verwahren, die ausgehobene Haustür auf die Schulter und geht hinaus. Der Mann macht ihr Vorwürfe über das schlechte Essen, doch setzen sie sich dazu nieder; indem sehen sie zwölf Räuber kommen. Vor Angst steigen sie auf einen Baum und nehmen das Essen und die Tür, um nicht verraten zu werden, mit hinauf. Die Räuber setzen sich gerade darunter und wollen sechs Säcke mit Gold teilen. Sie werden aber, wie in unserm Märchen, verscheucht, und die zwei schleppen die Säcke heim. Die Frau borgt bei ihrer Nachbarin ein Maß, das Gold zu messen; ein Stückchen bleibt darin hängen und macht diese aufmerksam. Die Frau erzählt darauf, wie es sich zugetragen hat. Nun läuft alles in den Wald, Gold zu holen; es kommt aber niemand wieder, weil niemand so dumm war wie die Frau und die Räuber jeden totschlugen,

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 520. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_520.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)