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= Godin S. 12; der Eingang stimmt zu Runges pommerscher Fassung; nur verzehrt der Vater nicht das Fleisch des Knaben, statt des Machandelbaums erscheint eine Birke, und statt des Mühlsteins ein brennender Wachsstock. Federowski 2, 188 nr. 163 (der vom Vater auf Antreiben der Stiefmutter getötete Knabe, dessen Knochen die Schwester auf sein Geheiß unterm Ahorn vergräbt, wird zum grauen Täuberich, beschenkt die Schwester, tötet Stiefschwester und Stiefmutter und wird wieder Mensch). – Lettisch bei Treuland S. 267 nr. 129 (die Schwester legt die Knochen einer Meise ins Nest, die daraus ein Vöglein ausbrütet; dies läßt einen Mühlstein auf die Stiefmutter fallen, beschenkt Schwester und Vater mit Goldkranz und Fellmütze). Das Lied auch bei Baron und Wissendorf, Latwju dainas 1, 352 nr. 2169 und S. 904 (1898). Živaja star. 5, 439 = Zbiór 15, 266 nr. 11 = Dähnhardt 3, 407 (Kuckuck). – Estnisch. Unter den Deutungen von Vogelstimmen steht bei Wiedemann, Aus dem Leben der Ehsten 1876 S. 296 folgendes Lied des Kuckucks: ‘Kuku, kuku! Die Stiefmutter tötete mich, der Bruder trank mein Blut, kuku, kuku. Die Schwester aß meine Finger, der Stiefmutter mit einem Stein, kuku, kuku.’ 17 Fassungen des Märchens bei Dähnhardt 3, 408–414. – Finnisch: Aarnes Register nr. 720. – Magyarisch bei Jones-Kropf p. 298 ‘The crow’s nest’. Nyelvör 4, 138. Nagy nr. 47, vgl. Rona, Festschrift f. G. Heinrich 1912 S. 367.

In einer Erzählung der Osttscheremissen (Genetz, Journal de la soc. finno-ougrienne 7, 114 nr. 13) überredet die Stiefmutter, als Wahrsager verkleidet, ihren Mann, den Knaben zu opfern. Aus einem Knochen, den die Schwester in einer hohlen Eiche geborgen, ersteht ein Vogel, der unter dem Gesange:

‘Mein Vater hat mich geschlachtet,
Meine Stiefmutter, die Hexe, hat mich gefressen’

auf den Vater eine Windel, auf die Mutter ein Sieb wirft, so daß beide sterben, und in den Armen seiner Schwester wieder zum Menschen wird. – Arabisch aus Ägypten bei Dulac, Journal asiatique 8. série 5, 8 nr. 1 (1885): die Schwester sammelt die Gebeine des von der Stiefmutter geschlachteten Knaben Mohammed; daraus wird ein Vogel, der ihr Gold, den Eltern aber Gift zuwirft. – In der kurdischen Sage vom Vogel Gō’ín (Lerch, Forschungen über die Kurden 1, 80. 1857) dagegen wird nicht der getötete Knabe,

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 420. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_420.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)