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470. Globus 91, 239. Archiv f. Litgesch. 10, 117. Chatelain p. 99. Ferrand p. 119. – Eskimoisch: Rink S. 55 nr. 3 ‘Igimarasugsuk’.

Perraults berühmte Erzählung ‘Barbe-bleue’, welche 1697 veröffentlicht wurde, macht den Frauenmörder zu einem reichen Ritter von unheimlicher Häßlichkeit. Seine letzte Frau soll sterben, als durch den blutigen Schlüssel offenbart[WS 1] wird, daß sie das verbotene Zimmer betreten hat; sie erlangt eine Viertelstunde Aufschub und sendet ihre ältere Schwester Anne auf den Turm, um nach den erwarteten Brüdern auszuschauen; schon schleift sie der Wüterich an den Haaren fort, da stürmen die beiden Brüder herein und durchbohren ihn. Dieser dramatische Schluß, die wiederholten angstvollen Fragen der Frau an die in die Ferne spähende Schwester[1] und die drohenden Rufe des unten harrenden Blaubart, klingen in den neueren französischen Volksmärchen wieder, wo oft die Brüder durch einen Hund oder Falken der Frau herbeigerufen werden und der sein Messer wetzende Unmensch beständig singt: ‘J’ aiguise, j’ aiguise mon couteau, pour tuer ma femme qu’est en haut.’ Sébillot, Litt. orale H. Bret. p. 41 ‘Barbe-rouge’. Sébillot, Auvergne p. 50 ‘Barbe-bleue’. Revue des trad. pop. 2, 245 ‘Barbe-bleue’. Ebd. 9, 54. 94. 167. 10, 569. Mélusine 3, 330 ‘Barbe-bleue’. Luzel 1, 25 ‘Le prince turc Frimelgus’; 2, 341 ‘La fille qui naquit avec une couleuvre autour du cou’. Bladé 1, 241 ‘Barbe-bleue’. Pineau, Poitou p. 13 ‘Barbe-bleue’. Souvestre, Le foyer breton 1853 1, 45 ‘Comorre’. In Revue des trad. pop. 3, 435 halten die beiden Schwestern den Teufel so lange zurück, bis Christus mit der h. Jungfrau kommt und den Teufel köpft. – Vlämisch: Van Heurck et Boekenoogen, L’imagerie populaire p. 18. 301. 328. 485. Baskisch: Cerquand nr. 105. Webster p. 175 ‘Blue-beard’.

Auch deutsche Märchen stammen aus Perrault ab. Die Brüder Grimm teilten 1812 als nr. 62 ‘Blaubart’ eine von Hassenpflugs in Kassel im Herbst 1812 vernommene Fassung mit, in der die Schwester Anne fehlt und die Geängstigte nach dem Volksglauben, Heu ziehe das Blut aus, den blutigen Schlüssel in Heu legt. Diese später von ihnen fortgelassene Erzählung lautet:

In einem Walde lebte ein Mann, der hatte drei Söhne und eine schöne Tochter. Einmal kam ein goldener Wagen mit sechs Pferden und einer Menge Bedienten angefahren, hielt vor dem Haus still, und


  1. ‘Anne, ma soeur Anne, ne vois-tu rien venir?’ – ‘Je ne vois que le soleil qui poudroie, et l’herbe qui verdoie.’

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: offenbar
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 404. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_404.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)