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Wurf er ihr gleich ein Stuhl zum Schopf,
Erwies also sein Peterskopf.[1]
Hätts solcher Gstalt er lang getrieben,
Es wär kein Stuhl im Himmel blieben. –

In einem serbokroatischen Märchen bei Novaković im Srbski ljetopis 1862, Bd. 105 S. 151 = Krauß 2, 288 nr. 128 wird Elias, der an Gottes Statt vom Himmel hinabblickt und auf einen Dieb sofort Donner und Blitz schleudert, ebenso von Gott gescholten wie der Schneider.[2] In einem andern (Bos. Vila 3, 206) hält Gott die blitzschleudernde Hand des Elias noch zurück. Dies scheint aus dem apokryphen griechischen Bericht vom Tode Abrahams herzustammen, der auch ins südslawische, russische und rumänische Schrifttum eindrang (Archiv f. slav. Phil. 18, 116): als Abraham vom Himmel auf die Erde hinabschaute und die Menschen sündigen, buhlen, rauben und morden sah, sandte er harte Strafen auf sie; da fürchtete Gott, Abraham möchte das ganze Menschengeschlecht ausrotten, und ließ ihn durch Michael auf die Erde zurückbringen. J. Grimm, Mythologie ³ S. 124f. erinnert dagegen an Odins Thronsitz Hliðskialf, von dem er alles sah, was auf Erden vorging, und auf den sich zuweilen andere setzten, wie z. B. Freyr von da aus die schöne Gerðr erblickte. Er verweist auch auf ein Gedicht Bruder Werners (MSH 3, 15a nr. 17):

der nû den himel hât erkorn,
der geiselet uns bî unser habe.
ich vürhte sêre, unt wirt im zorn,
den slegel wirft er uns her abe.

W. Grimm, Die Himmelsstürmer (Zs. f. dt. Mythol. 2, 2 = Kl. Schriften 4, 342) sucht zu zeigen, daß der Schneider sich eigentlich in feindlicher Gesinnung in den Himmel eindrängt.

Die Fortdauer des Märchens bezeugt J. Möser (Vermischte Schriften 1798 1, 332. 2, 235 = Sämtliche Werke 1843 5, 38. 10, 238), bei dem der Schneider durch die Öffnung vor dem Thron guckt und einen Kameraden eine Elle Tuchs beiseit legen sieht; er reißt


  1. D. h. seine wunderliche, hitzige Art. Vgl. R. Köhler, Aufsätze über Märchen 1894 S. 68 und Kleinere Schriften 2, 105; dazu Greff, Osterspiel 1542, Bühnenanweisung: ‘Petrus sonderlich sal seinen Peterskopff ymmer und besser sehen lassen, wie ers nicht gleube, das Christus erstanden’; Druida, Spiegel gottseliger Eltern 1572 Bl. C 6a: ‘Du magst mir wol ein Peterskopff sein.’
  2. Vgl. dazu Schott S. 375 ‘Der Zorn des Elias’. Zs. f. dt. Mythologie 1, 178. Anthropophyteia 1, 413 nr. 314.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 345. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_345.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)