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nr. 11 ‘Der Held Nasnai’ (A¹ D¹ C E. Der von seiner Frau fortgejagte Feigling wird Schwiegersohn des Königs, tötet einen Drachen, drei Riesen und schlägt das feindliche Heer. Der Eingang gleicht der armenischen und türkischen Fassung; der Kriegszug wie bei Pedersen S. 42); vgl. R. Köhler 1, 563. – Armenisch bei Macler S. 120 nr. 16 ‘Tejigon’ (A D¹. In der Schlacht bleibt der Baum, an dem der Feigling sich hält, um nicht vom Pferde zu stürzen, in seinen Händen, und entsetzt flieht alles vor dem starken Helden). – Baschkirisch: Revue des trad. pop. 23, 57 (ringen, laufen, werfen, löchriger Hut mit Gold gefüllt). – Türkisch bei Kunós S. 56 nr. 8 ‘Kara Mustafa der Held’ (A B⁵ C²). – Persisch bei Malcolm, Sketches of Persia 1828 2, 58 = Kisseh-Khūn 1829 S. 30 = Kletke, Märchensaal 3, 54 ‘Amīn der Kluge’ = E. Chasles, Contes de tous pays p. 10; vgl. Cosquin 1, 261 und Benfey, Pantschatantra 1, 508. 2, 550 (B¹˙⁵).

Die älteste Fassung unsres Märchens enthält das chinesische, aus dem Indischen übersetzte Po-yu-king (Chavannes, 500 contes du Tripitaka 2, 205 nr. 301 ‘Les 500 pillules réconfortantes’. Hertel, Ber. der sächs. Ges. der Wiss. 1912, 54). Ein Mann, dem seine untreue Frau giftige Pillen auf die Reise mitgegeben hat, rühmt sich vor dem Könige als Überwinder der fünfhundert Räuber, die jene Pillen gefunden und verzehrt haben. Gegen einen Löwen ausgesendet, klettert er angstvoll auf einen Baum und läßt sein Messer dem Löwen aus Versehen in den Rachen fallen. Ebenso schlägt im indischen Dharmakalpadruma 3, 6, 149 der feige Rajput den sieben Räubern, welche die von seiner Frau vergifteten Speisen genossen haben, die Köpfe ab und bringt sie dem Könige und tötet auf dieselbe unbeabsichtigte Weise den Löwen (Hertel ebd.). Im Bhīmasena-jātaka (Jātaka transl. by Cowell 1, 203 nr. 80 = P. Steinthal, Zs. f. vgl. Litgesch. 11, 347) vollführt der furchtsame Weber Bhīmasena ähnliche Heldentaten; auf den Rat eines kleinen Bogenschützen erlegt er einen Tiger und einen Löwen, verzagt aber, als es in die Schlacht geht, sodaß ihn der kluge Bogenschütze vom Elefanten absteigen heißt und selber das Heer zum Siege führt. Während hier also das Unternehmen des Webers scheitert, gewinnt in der 19. Erzählung des mongolischen Siddhi-Kür (Jülg, Mongolische Märchen 1868 S. 28) der arme Weber die indische Königstochter, da ihn das Schicksal in der Schlacht und bei der Erlegung des Fuchses und der sieben Dämonen wunderbar begünstigt. Wie in

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_161.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)