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Domine klagt über sein Unglück und geht hinaus an den See; da streckt ein Fischchen den Kopf hervor und spricht:

‘Was fehlt dir, Männchen Domine?’
‘Ach daß ich im Pispott wohn, tut mir so weh.’
‘So wünsch dir was zu haben!’
‘Ich will’s nur meiner Frau erst sagen.’

Er geht heim zu seiner Frau und fragt, was er wünschen solle. ‘Wünsch uns ein besseres Haus,’ sagt Dinderlinde. Am See ruft er:

‘Fischchen, Fischchen an der See!’
‘Was willst du, Männchen Domine?’

Nun gehen die Wünsche an, erst Haus, dann Garten, dann Ochsen und Kühe, dann Länder und Reiche und so fort alle Schätze der Welt. Wie sie sich ausgewünscht haben, sagt das Männchen: ‘Nun möcht ich der liebe Gott sein und mein Frauchen Mutter Gottes.’ Da streckt das Fischchen den Kopf heraus und ruft:

‘Willst du sein der liebe Gott,
So geh wieder in deinen Pispott!’

In Justinus Kerners poetischem Almanach für 1812 S. 50–54 wird das Märchen auf ähnliche Art, wahrscheinlich nach einer süddeutschen Überlieferung, doch dem Inhalt nach dürftig in Knittelversen von Kurd d. i. K. Ph. Conz erzählt; der Bauer heißt Hans Entendee. – In den Kindermärchen von Albert Ludwig Grimm (Heidelberg 1808 S. 77) kommt es gleichfalls, doch in Prosa, vor. Der Fischer Hans Dudeldee wohnt mit seiner Frau in einem Bretterhaus und ist so arm, daß sie keine Fenster haben, sondern durch ein Astloch schauen müssen. Er bittet bei dem Fischlein erst um ein Haus und so fort, bis er Kaiser ist; zuletzt verlangt er, daß er Regen und Sonnenschein machen könne, wie Gott, da sitzt er wieder im Bretterhaus, und sie schauen zum Astloch heraus. Im ganzen viel dürftiger. – Aus dem Elsaß in Stöbers Volksbüchlein S. 109 = Firmenich 2, 519 ‘Mann und Frau im Essigkrug’ (rufen ein Goldvöglein an) = Revue des trad. pop. 3, 297 = Bechstein 1845 S. 145. Heanzisch bei Bünker nr. 75 ‘Ta Fischa Glumpate’ = Zs. f. österr. Volkskunde 4, 246 nr. 32 (Fischal in teïn See). Aus Schlesien bei Peter 2, 173 ‘Die Leute im Bunzeltopfe’ (Fischlein, Fischlein in dem See). Aus der Ukermark bei Kuhn S. 273 nr. 6 ‘De Kossät un siine Fru’ (Dundeldee in der Federtonne. ‘Hechtke, Hechtke in de See’) = Friedel-Mielke 3, 232. Aus Pommern bei Jahn, Volksmärchen

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_143.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)