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Mädchen sieht an der Wand ein goldenes Schwert, enthauptet die vierzig Söhne der Hexe im Schlafe und entflieht ohne Schwierigkeit. – In einem armenischen Märchen (Sbornik Kavkaz. 13, 2, 99 nr. 8) muß der König dem Derwisch, falls er binnen Jahresfrist zwei Söhne bekommen wird, einen davon versprechen.[1] Der Prinz stößt den Unhold auf den Rat zweier gefesselter Tiger in den Ofen und dient als Grindkopf unerkannt im Hause seines eignen Vaters. – In zwei indischen Erzählungen bei Dracott p. 31 ‘The old witch who lived in a forest’ und p. 163 ‘The Brahmin’s daughter’ werden fünf oder sieben verstoßene Schwestern bis auf die jüngste von der Hexe oder vom Tiger gefressen. Bei Campbell, Santal folk-tales p. 12 tötet der von einem Dämon gefangene Ihore dessen Tochter, zieht ihre Kleider an und kocht sie. Ähnlich North Indian Notes and Queries 1896, 163. – Aus Palästina bei Hanauer p. 219: Uhdeydûn kocht die drei Töchter der Ghûleh; diese meint, das Fleisch ihres Feindes verzehrt zu haben. – Eine arabische Erzählung, die Basset, Revue des trad. pop. 16, 173 ‘H’adidouan et l’ogresse’ übersetzt, leitet ebenso ein wie die oben S. 40 zusammengestellten Märchen von dem hölzernen, steinernen und eisernen Hause der drei Brüder. Der jüngste Bruder entgeht den Nachstellungen der Hexe lange, bis sie ihn durch einen mit Leim bestrichenen Esel fängt und in eine Feigenkiste sperrt. Statt des Fingers steckt er einen Rattenschwanz (wie im portugiesischen) hinaus. Er tötet die Tochter der Hexe, die ihn schlachten soll, zieht sich ihre Haut über und entrinnt. Ähnlich bei Socin-Stumme, Houwära 1894 S. 112 nr. 10 ‘Hadiduan’, Biarnay, Le dialecte de Ouargla 1908 p. 274, Cosquin, Revue des trad. pop. 25, 68 (Mek’id’ech), bei Stumme, Schluh von Tázerwalt S. 177 nr. 23 ‘Ali’ und bei Rivière S. 225 ‘Amor ennefç’. Dagegen sind es bei Socin-Stumme, Houwära S. 82 nr. 1, Stumme, Tamazratt S. 1. 43 = Basset, C. pop. d’Afrique nr. 7 (sieben Stieftöchter) und bei Stumme, Schluh von Tázerwalt S. 71 nr. 1 Geschwister, die von den Eltern in den Wald geführt zum Hexenhause gelangen. – In dem Suaheli-Märchen bei Steere² S. 379 ‘The spirit who was cheated by the sultan’s son’ (R. Köhler, 1, 518) rät ein Pferd im Hause des Menschenfressers dem von seinem Vater diesem überlassenen Prinzen, jenen in den Kessel zu stoßen, und entrinnt mit ihm. Ein Kaffer-Märchen


  1. Kinderlose Eltern versprechen einen Sohn zu opfern: Macculloch p. 410.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_122.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)