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wie die Kegel auf: ‘Heida, nun gehts lustig!’ – Da kamen zwei große schwarze Katzen, gingen ums Feuer herum und schrien: ‘Au, miau! Was uns friert, was uns friert!’ – ‘Ihr Narren, was schreit ihr! Setzt euch ans Feuer und wärmt euch!’ Wie die Katzen sich gewärmt hatten, sagten sie: ‘Kamrad, wir wollen eins in der Karte spielen.’ – ‘Ja’, antwortete er, ‘aber zeigt einmal eure Pfoten her! Ihr habt so lange Nägel, die will ich euch erst abschneiden’. Damit packte er sie am Kragen und hob sie auf die Schnitzbank, da schraubte er sie fest und schmiß sie tot. Dann trug er sie hinaus und warf sie in einen kleinen Teich dem Schloß gegenüber. Wie er die zur Ruh gebracht und sich wieder zum Feuer setzen wollte und sich wärmen, da kamen viele schwarze Katzen und Hunde bald aus allen Ecken und Enden, immer mehr und mehr, daß er sich nicht mehr bergen konnte, die schrien, traten ihm auf sein Feuer, zerrten es auseinander und machten es ganz aus. Da faßte er[1] sein Schnitzmesser: ‘Fort, ihr Gesindel!’ und hieb ein. Ein großer Teil lief weg, die anderen schmiß er tot und trug sie auch hinaus in den Teich. Dann blies er sich das Feuer wieder an aus einem Funken und wärmte sich. – Als er sich gewärmt hatte, ward er müd und legte sich in ein großes Bett, das in der Ecke stand[2]. Und als er eben[3] einschlafen wollte, fing das Bett an zu fahren und fuhr im ganzen Schloß herum. ‘Das geht gut so, nur besser zu!’ sagte er. Da fuhr das Bett, als zögens sechs Pferde, über Schwellen und Treppen; hopp, hopp, warf es um, das unterst zu oberst, und er drunter. Da schleudert’ er Decken und Kissen in die Höh und stieg heraus: ‘Mag fahren, wer Lust hat!’ legte sich zum Feuer und schlief, bis es Tag war. – Am Morgen kam der König, und als er den jungen Burschen da liegen und schlafen sah, meint’ er, der wäre auch tot, und sagte, es sei schade um ihn. Da erwachte der Bursch von den Worten, und wie er den König sah, stand er auf; der fragte ihn, wie es gegangen wäre in der Nacht. ‘Recht gut, eine wär’ herum, die zwei werden auch noch herumgehen.’ Die andern Nächte gings ebenso; aber er wußte schon, wie es anzugreifen war, und am vierten Tag ward ihm die schöne Königstochter gegeben.

Das Märchen wird an andern Orten gewöhnlich mit neuen oder verschieden gestellten Proben der Herzhaftigkeit erzählt und ist mit der Sage vom Bruder Lustig und dem Spielhans (nr. 81. 82) verwandt. Wie der Furchtlose, so fährt Gawan in Wolframs Parzival (566, 14) in einem zauberhaften Bett (lit marveile) durch das Schloß.


  1. Hsl.: Da wards ihm zu arg, faßte.
  2. Hsl. geändert: und sah sich um, da stand in der Ecke ein großes Bett, in das legt er sich.
  3. Hsl. Zusatz: eben die Augen zugetan und.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_023.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)