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Und von nun an kam noch ein finsterer Geist über ihn, so daß er auch nicht mehr hinaus stürmte in die Nacht des Forstes auf die Jagd der wilden Thiere, wie er doch vorher noch zuweilen gepflegt. Und da saß er in seinen noch kräftigen Mannesjahren schon wie ein sehr schwacher Greis, und kam nicht mehr vor die Burg, und führte ein einsames freud- und thatenleeres trauriges Leben. Da wuchs bald das Gras auf dem Burgwege und unter dem Burgthore, und die Thüren bewegten sich nur schwer in ihren Angeln.


Adelbert und Leuthold saßen aber am dritten Morgen, nachdem sie ausgezogen waren, in dem Schatten eines Buchwaldes, um da zu ruhen. Da sah Leuthold auf einmal aufmerksam seinem Junkherrn ins Gesicht, und sprach: „Ei, Junkherr, was habt Ihr da für einen Fleck auf der Stirne?“ Und Adelbert fuhr sich mit der Hand über die Stirne, vermeinend, er wolle den Fleck wegwischen. Aber Leuthold sprach: „Nein, nein, der Fleck ist nicht weg! Und es ist ja gar ein Blutfleck. Habt Ihr denn Jemanden erschlagen?“ Da ward Adelbert zumal traurig, und sprach: „Ja, es ist fast so. Mein Mütterlein ist meinetwegen gestorben, und ließ mir da auf die Stirne eine Blutnelke fallen aus ihrem Strauß in den Haaren – und den Blutfleck werd’

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Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 2. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_II_103.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)