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So zogen sie hin und her in der Welt wohl manches Jahr, und gewöhnten sich ganz daran, jede Woche an einem andern Orte zu leben. Und Armina vergaß nach und nach ihres Schmerzes, um den Tod ihres Vaters. Denn sie hatte es bald in einem fremden Lande erfahren, daß er gestorben. Als sie nun aber dachte, daß sie ganz vergessen wäre in ihrem Lande und in ihrer Heimath, wünschte sie sich wieder einmal hin an ihr liebstes Plätzchen im Schloßgarten, und ward sogleich hingetragen von ihrem Drachenschiff. Und sie sahe sich um in dem Garten, da und dort, und freute sich, daß noch alles war, wie ehedem. Als sie aber kam, Wasser zu schöpfen an der Felsenquelle, da sie sonst ihre Lämmer gepflegt zu tränken, siehe! so lagen da im frischen Grase am Rande der Quelle zwei wunderliebliche ganz kleine nackende Knäblein, und schauten sie an mit ihren Augen, groß und hell, und streckten nach ihr die Aermlein.

Und Armina sprach zu ihrer Amme: „Komm, und siehe die zwei schönen Knäblein, die da verlassen liegen im Grase. Ich will sie mit mir nehmen, und ihre Mutter sein von nun an.“ Da sprach aber die Amme zu ihr: „Mit nichten, Herrin! Wollt Ihr ihrer Mutter solchen Schmerz machen? Sie hat die Knäblein vielleicht hierher gelegt, und gedenkt sie in kurzer Frist wieder abzuholen.“ „Nein!“ sprach Armina, „sieh, wie sie mich anlächeln mit ihren

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Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 2. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_II_021.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)