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die Räthe beriefen wieder aus allen Ländern und Reichen in der Nähe und Ferne alle Mahler zusammen, und versprachen demjenigen zwei hundert Pfund Goldes, der in Monatsfrist das Gemählde abliefern würde.

Da traten nur zwei der jüngsten Mahlerkünstler hervor und versprachen die Arbeit zu liefern, wenn man ihnen ein Jahr vergönnen wollte zur Arbeit. Endlich versprach aber der jüngste von ihnen, bis nächsten Vollmond das Gemählde zu liefern. Und als der Tag angebrochen war, da am Abende der Vollmond scheinen sollte, erschien er vor dem König und den Großen seines Hofes und seinen Räthen, und brachte sein Bild. Und siehe! es war eine Kapsel darüber von Golde, nicht größer denn die kleinste Goldmünze, die im Reiche geprägt wurde, und als er diese geöffnet hatte, sah man das kleine Gemählde darin, das aber so klein war, daß man es erst durch ein Vergrößerungsglas betrachten mußte, wenn man die Gegenstände alle unterscheiden wollte. Und wer es betrachtete, mußte erstaunen; denn des Königs Bild war so klein darauf, daß man es kaum für ein kleines Pünktchen erkannte. Wenn man es aber durch ein Vergrößerungsglas betrachtete, so erkannte man alle Züge so genau daran, daß man selbst die drei Sommerfleckchen auf des Königs Nase deutlich sah.

Darüber freueten sich denn abermals die Großen des Hofes

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Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 2. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_II_015.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)