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wie mit Stößen zugespitzter Stangen zum Kampfe angefeuert. Die Tiere bissen wütend auf einander los, und wessen Pferd das andere zum Weichen oder gar zum Stürzen brachte, der hatte gesiegt. Dieser Sport war auf Island so beliebt, daß nicht bloß einzelne Pferdezüchter in diesen Kampf eintraten, sondern auch ganze Gemeinden. Sie ritten mit ihren Pferden auf. Jeder suchte sich seinen Gegner, mit dessen Hengst sich der seinige verbeißen sollte, und gewählte Richter entschieden über den Sieg. Oft endete aber diese Lustbarkeit, wie auch das Ballspiel, mit Rauferei und sogar mit Totschlag.

Atle schlug dem heimgekehrten Bruder zur Belustigung solch einen Pferdekampf vor. Er besaß einen ganz vorzüglichen Kampfhengst aus der Nachkommenschaft der Kingala. Als Gegner meldeten sich die beiden Brüder Kormak und Torgils mit ihrem braunen Hengst von dem Hofe Mel am Midfjord. Wir kennen diese bereits aus dem dritten Kapitel unseres Buches als Teilnehmer des dort beschriebenen[1] Ballspieles. Sie wollten aber ihren Hengst nicht selbst vorführen, sondern hatten dazu ausersehen ihren Vetter Odd mit dem Beinamen Umagaskald, der einsame Skalde. Odd war aber nicht mehr der schüchterne Jüngling von vor drei Jahren, sondern ein unruhiger Kopf, unbändig und übermütig.

Als Kampfplatz war ausersehen die Ebene von Reykir, welche ein breiter und reißender Fluß durchströmte, der in den Midfjord sich ergoß. Hier hatten sich denn auch andere Besitzer mit ihren Kampfhengsten eingefunden und Zuschauer aus dem Hrutafjord, wie aus dem Vatnsthale, waren zugegen, also eine große Versammlung.

„Wer wird deinen Hengst vorführen?“ fragte Gretter seinen Bruder Atle, als sie von Bjarg aus zum Kampfspiele aufbrachen.

„Der Mann ist noch nicht bestimmt!“ entgegnete Atle.

„Laß mich das thun!“ bat Gretter.

„Dann aber kaltes Blut, mein Junge,“ sagte Atle. „Denn wir haben es hier mit rauflustigen Leuten zu thun!“

„Laß sie nur kommen,“ erwiderte Gretter. „Wer die geziemenden Grenzen überschreitet, wird es büßen!“ –

Die beiden Pferde wurden vorgeführt. Sie waren sehr aufgeregt und, losgelassen, rasten sie voller Wut gegen einander. Zuerst suchte jedes der Tiere seinen Kopf unter des Gegners Brust zu schieben, diesen hochzuheben und dann rücklings überzuwerfen; doch hier ohne Erfolg! –

Dann zogen sie sich wieder von einander zurück.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: beschriebenenen
Empfohlene Zitierweise:
Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/84&oldid=- (Version vom 1.8.2018)