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In diesem Augenblick ergriff Bjoern Gretters langen zottigen Mantel, der, von ihm abgeworfen, oben lag und schleuderte ihn die Felswand hinab.

Er fiel gerade vor der Höhle des Bären nieder.

Die Bestie griff nach dem Kleide, zerrte es in die Höhle hinein und stampfte es wüthend unter seine Füße. Als Gretter auf die Hochfläche kam, suchte er dort seinen Mantel. Die Blicke und Finger der Anderen zeigten ihm den Weg. Er bückte sich über die Felsenwand und sah, wie der Bär soeben unten sein Kleid zerzauste.

„Wer von euch hat mir den Streich gespielt?“ fragte Gretter die Gesellen.

Bjoern trat hervor und antwortete keck: „Der es einzugestehen wagt!“

„Also du!“ sagte Gretter. „Nun, das verschlägt mir für heute wenig. Gehen wir ohne Mantel nach Hause!“ –

Unterwegs platzte dem Gretter der Gurt an seinem Wams. Er entschuldigte sich und blieb zurück.

Bjoern sagte zu seinen Begleitern spottend: „Paßt auf, Gretter bleibt nur zurück, um seinen Mantel aus der Bärenhöhle herauf zu holen. Er will sich die Ehre geben, den Bären allein abzufangen, den wir Achte vergebens angriffen. Er soll ja auch der Kerl dazu sein, obgleich ich noch keine Heldenthat von ihm sah, und besonders heute nicht!“ –

Thorkel dämpfte Bjoerns Spott und sagte: „Bjoern, ich weiß nicht, wozu du taugst? aber das weiß ich, daß du an Gretters Tapferkeit und Muth nicht hinaufreichst. Uebrigens hüte deine Zunge! Er könnte es dir einmal derb eintränken!“ –

Bjoern warf den Kopf in den Rücken und sagte: „Auf Kommando lernte ich es bisher nicht, meine Worte setzen!“

Gretter war weit zurückgeblieben. Ein Hügel lag nun zwischen ihm und den Genossen. Er beschloß in der That umzukehren und allein dem Bären den Kampf anzubieten.

Gretter zog sein Schwert Joekulsnaut, die Gabe und das Andenken seiner Mutter. Er knotete einen Riemen um des Schwertes Knauf, warf den Riemen um sein Handgelenk und konnte nun nach Bedarf im Kampf zum Schwerte greifen oder auch die nackten Fäuste frei gebrauchen. So gerüstet stieg er den schmalen Felsenpfad zum Bärenlager hinab. Sobald der Bär des Mannes ansichtig wurde, sprang er in größester Wut auf und griff den Gretter an, indem er mit der linken Pfote nach ihm schlug.

Gretter parierte den Schlag mit seinem Schwerte, holte dann selbst

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Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/65&oldid=- (Version vom 1.8.2018)