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Kapitel 10.

Die Bärenschlacht.

Thorkels Haus war sehr gastfrei. Zu den Söhnen des Hauses gesellten sich Vettern und Neffen, welche wochenlang hier verweilten. Im Winter ruhte der Ackerbau und die Schifffahrt und so vereinigte sich denn das junge Volk zu Kampfspielen und Jagdabenteuern.

Gretter war mitten unter ihnen und alle erkannten seine überlegene Stärke an. Nur Einer nicht. Es war Bjoern[1], ein jüngerer Mann aus angesehener Familie und Thorkel verwandt. Er war gleichfalls Wintergast hier im Hause. Sein Charakter war nicht angenehm. Er war aufbrausend und jähzornig, eitel und hochmütig. Er besaß eine scharfe Zunge und sprach gerne Übles von den Leuten, sodaß mancher schon um seinetwillen das gastliche Haus Thorkels hatte verlassen müssen.

Mit Gretter stand Bjoern auf gespanntem Fuße. Er sah auf jenen, als auf einen armen Flüchtling, hochmütig hinab und ließ es an spitzen Reden nicht fehlen. Gretter, gewandt im Wort, wie in den Waffen, schenkte seinem Gegner nichts. Die Spannung zwischen Beiden wuchs und wartete nur auf eine Gelegenheit zum Ausbruch.

Ein reißender Bär hatte sein Winterlager verlassen und zeigte sich oft in der Nähe von Thorkels Gehöft. Er war so wütend, daß er weder Vieh noch Menschen schonte, sobald er beide antraf. Täglich gingen Nachrichten ein von Verlusten und Thorkel, der reichste Mann der Gegend, litt auch an Heerden und an Leuten den meisten Schaden durch diese Bestie. Bjoern und die anderen jungen Leute, Gretter ausgenommen, hatten oft spät Abends vor dem Hause allerlei Kurzweil getrieben und Lärm dabei gemacht. Die Leute sprachen:

„Durch solches Getöse gereizt, ist der Bär so wütend geworden!“ –

„Ihr habt mir die Bestie hergelockt durch euren Unfug! Nun könnt ihr dieselbe auch wieder vertreiben!“ sagte Thorkel eines Tages zu Bjoern und seinen Spielgesellen.

„Gut! Das ist uns ein willkommenes Abenteuer!“ erwiderte Bjoern. „Laßt uns zunächst den Versteck des Raubtieres aufsuchen!“

Gretter beteiligte sich absichtlich an diesem Unternehmen nicht, weil
Anmerkungen (Wikisource)

  1. isl. Björn


Empfohlene Zitierweise:
Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/62&oldid=- (Version vom 1.8.2018)