Seite:Gretter der Starke.pdf/55

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Die Trunkenen begriffen nicht sofort die Lage. Sie hielten es für Scherz, für Zufall. Und bei den mitgenommenen Fackeln besahen sie weiter eifrig die Kostbarkeiten des Torfin, überlegend, wie sie alles morgen unter sich verteilen und einsacken wollten. So verging eine gute Zeit.

Gretter lief alsbald zum Wohnhause zurück und, die Hand auf der Thürklinke, schrie er aus Leibeskräften: „Wo ist die Hausfrau?“

Diese antwortete nicht aus Furchtsamkeit.

Gretter schrie weiter: „Wo sind die Waffen? – Hier ist ein guter Fang zu machen!“

Jetzt antwortete die Hausfrau: „Waffen sind schon da! Aber, wozu willst du sie brauchen?“

„Davon später!“ sagte Gretter. „Jeder thue jetzt, was er vermag, denn die Gelegenheit ist günstig!“

„Gott helfe uns in Gnaden aus dieser großen Not!“ flehte die Hausfrau. Dann sagte sie schnell: „Ueber Torfins Bette hängt der große Spieß, den Kaar der Alte trug, auch Helm und Harnisch und das kurze Schwert. Gute Waffen, wenn gut der Muth ist, der sie trägt!“ –

Gretter gürtetete das Schwert um und griff nach Helm und Spieß. Dann rannte er wieder hinaus.

Die Hausfrau befahl nun den Knechten: „Folgt jenem braven und muthigen Manne!“

Vier von ihnen ergriffen Waffen und folgten. Die anderen Vier wagten es aber nicht.

Den Berserkern wurde die Zeit in dem Schatzhause doch nun zu lang. Gretters Abwesenheit fiel ihnen auf und sie schöpften Verdacht von möglicher Treulosigkeit und Verrat. Sie gingen zur Thür und rüttelten an derselben. Sie war fest verriegelt. Sie untersuchten nun die bretternen Seitenwände und rissen an den Planken, so daß alles krachte und knackte. Endlich gelang es ihnen, ein Loch durchzubrechen und sie kamen auf die Gallerie hinaus, von dort aus auf die Treppe. Hier kam die Berserkerwuth über sie alle und sie heulten wie Hunde.

In demselben Augenblick stürmte Gretter herbei und aus aller Macht warf er den Spieß auf Thorer, gerade als dieser über das Geländer springen wollte. Der Wurf traf und der Spieß drang dem Thorer mitten durch die Brust so wuchtig, daß er hinten zwischen den Schulterblättern wieder hinausfuhr. Hinter Thorer stand Oegmund, sein Bruder, der vorwärts drängte. So kam es, daß der Spieß, welcher aus Thorers Rücken

Empfohlene Zitierweise:
Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/55&oldid=- (Version vom 1.8.2018)