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nur so viel bei sich trug, als er selber brauchte, und auf dem Thingplatz gab es keine Speisehäuser, in denen man kaufen konnte.

Was thun? – Die übrige Reisegesellschaft, des Wartens müde, ritt voran, und Gretter[1] blieb mit seinem Gaul zurück, ihn am langen Zügel führend, um kreuz und quer die Gegend nach dem verlorenen Ranzen abzusuchen.

Da sieht er einen Mann quer über die Haide laufen. Er ruft ihn an und fragt: „Wer bist du, Freund?“ –

„Skegge[2] heiß ich, ich bin ein Knecht aus Aas[3] im Vatnsthal und gehöre zum Gefolge des Torkel.“

„Die anderen sind schon vorauf! – Was hält denn dich zurück?“

„Ich habe meinen Ranzen hier verloren und muß ihn suchen,“ sagt Skegge.

„Just auch mein Geschick!“ wirft Gretter ein, „auch mein Ranzen ging über Nacht vom Sattel los und muß hier irgendwo im Grase liegen. – Laß uns gemeinsam suchen! Vereintes Leid ist halbes Leid!“

„Ich bin’s zufrieden,“ sagte Skegge.

Sie suchten nun gemeinsam, rechts und links hinspähend.

Der Eine stieß mit dem Fuß an etwas Hartes. „Hier ist er!“ – Allein, es war ein Stein und nicht der Ranzen. Der Andere lief auf etwas Dunkles zu, das mitten auf dem Wege lag. Es war ein Erdhaufen!

So suchten sie lange vergebens.

Da setzte sich Skegge plötzlich in den Trab, bückte sich, schrie auf und hob einen dunklen Gegenstand in die Höhe. Es war der gesuchte Ranzen! –

„Meiner!“ – rief Skegge.

Gretter eilt hinzu, befühlt, besieht den Sack von allen Seiten und sagt: „Nein, der meinige!“ – „Ich erkenne ihn ganz genau!“ –

„Kannst du’s beweisen?“ schreit Skegge, „denn viele Dinge sind sich ähnlich in der Welt, und doch nicht eins!“ –

„Ich schwör’s, der Sack ist mein!“ – ruft Gretter und packt ihn an.

„Wie? Du willst mein Eigenthum mir hier entreißen?“ schreit Skegge und hält mit beiden Händen fest.

Sie fangen an den Sack hin und her zu zerren und keiner will dem andern weichen.

Gretter, fast noch ein Knabe, der Andere ein ausgewachsener starker
Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Getter
  2. isl. Skeggi
  3. isl. Ás


Empfohlene Zitierweise:
Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/34&oldid=- (Version vom 1.8.2018)