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Streit verhandelt, der in dem abgelaufenen Jahre den Nachbar von dem Nachbar trennte.“

„Und jede Sühne wird gezahlt nach festem Recht, das, wenn auch nicht geschrieben, ein jeder kennt von seinen Vätern her.“

„Und der Gesetzessprecher[1] sagt, was gilt. Er ist das Gewissen und der Mund im Volke.“

„Und wenn er hat gesprochen, fuhr Torkel fort, dann schweigt der Thing. Die festgesetzte Sühne wird gezahlt, der Streit gilt für geschlichtet, versöhnt reicht man sich die Hand!“ –

„Ja,“ sagte Asmund, „so war es alter Brauch auf Isenland!“ –

„Und doch zum Thing kann ich dich diesen Sommer nicht begleiten,“ versicherte Haerulang, „so gern ich’s wollte. Das Alter fordert schon bei mir sein Recht. Die weite Reis’, das bunte Leben dort, bewegt und schön, so lang man jung, doch sehr ermüdend für den Greis, der des Hauses feste Sitte liebt. Dazu die Pflicht aufzumerken auf den vorgetragenen Streit, zu prüfen der Zeugen Wort, zu wägen nach Gebühr, wer Recht, wer Unrecht hat und darnach im Gericht die Stimme abzugeben; sieh’, das leistet der alte Kopf, der müde Leib nicht mehr! – Laß mich zu Haus!“ –

„Nun gut!“ sprach Torkel, „so gieb mir einen deiner Söhne mit! Uebertrag dein Stimmrecht! Das ist erlaubt! Der Sohn darf für den Vater stimmen. Gieb Atle mit, er ist der Aeltere!“

„Den nicht,“ sprach Haerulang. „Ich kann ihn nicht entbehren. Er ist mir, wie die rechte Hand, in Haus und Feld. Und du weißt, wie viel zu thun ist, wie es gilt, die wenigen Tage des kurzen Sommers fleißig auszunutzen! Aber den Gretter, den kannst du haben! Der wird hier leicht entbehrt, da er jeder ernsten Arbeit Feind ist.“

„Einverstanden! – So gieb mir den Gretter mit. Ich werde ihn überwachen und anleiten!“

„Oh, er ist schlau genug, mir oft zu gerieben und zu findig. Unter deinem Rath und Beistand wird er mit Leichtigkeit die durch das Gesetz gebotenen Geschäfte an meiner Statt verrichten.“

„Abgemacht!“ schloß Torkel.

Nach Verlauf von dreien Tagen schied nun der Gode, mit manchem Gastgeschenk bedacht, welches nach Landessitte Asmund und Asdis dem Schwager mitgaben.

Der Sommer war nun da und die festgesetzte Reise nach dem Thing
Anmerkungen (Wikisource)


Empfohlene Zitierweise:
Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/31&oldid=- (Version vom 1.8.2018)