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Man forderte nun den Gesetzessprecher auf, seine Erklärung abzugeben, und der entschied:

„Thorbjoern hat den Preis gewonnen, wenn keine Gegenklage auf Unehrlichkeit der Kampfesweise erhoben wird. Diese Gegenklage ist aber zu stellen nicht von Thorer, der in dieser Sache Partei ist, sondern von unbefangener Seite.“

Darauf schickten Gretters Verwandte den Skegge Kurzhand vor, den Sohn Gamles auf Melar, den Enkel der Asdis. Er galt als besonders redegewandt. Denn nicht bloß gesetzeskundig[1], sondern auch beredt muß der Mund sein, welcher einer Sache vor Gericht zum Siege verhelfen soll.

Genau hatten die Leute von Bjarg alle Einzelheiten erforscht, welche mit Gretters Tode zusammenhingen: Den beständigen Verkehr des Thorbjoern mit seiner Amme Thurid, der Hexe; die Verzauberung des Holzes; die Anschwemmung desselben an die Insel; die Vergiftung der Beinwunde durch dieses Holz[2] des Fluches; die Eiterung des Schenkels; den nächtlichen Überfall und die Abschlachtung des bereits zum Tode kranken Mannes.

Das alles stellte Skegge mit feurig beredten Worten vor den Gesetzessprecher, vor die 48 Richter und vor das Volk hin, welches in dichten Haufen, Männer, Jünglinge, auch Weiber die Richter umstand. Denn nur durch das Anhören solcher Streitfälle konnten Männer und Jünglinge, die ihnen so notwendige Gesetzeskenntnis erlangen.

Und gesetzeskundig zu sein, galt auf Island für ebenso preiswert, als tapfer zu sein.

Skegge schloß mit dem Antrage:

„Thorbjoern[3] hat meinen Ohm, Gretter den Starken, Asmunds Sohn, mit Hexerei und Zauberei übermannt, und dann dem schon Halbtoten Wunden geschlagen. Auf Beides steht die Strafe der Ächtung. Wir beantragen sie hiermit gegen Thorbjoern Oengul, Thords Sohn, auf Vidvik!“ –

Ein beifälliges Gemurmel begleitete diese Worte, und zustimmend klangen die Schwerter an die Schilde[4].

Die Umstehenden traten auseinander, und der kleinere Teil nur schlug sich auf die Seite Thorbjoerns; die überwältigende Mehrheit dagegen trat auf die Seite Skegges.

Besonders nachdrücklich sprachen Thorwald Asgeirsson und sein
Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: gesetzeskündig
  2. Vorlage: Hols
  3. Vorlage: Thorbjoen
  4. Vorlage: Schlide


Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/276&oldid=- (Version vom 1.8.2018)