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„Das lügst du!“ schrie Gretter mit letzter Kraft. „Die verfluchte Hexe war es, deine Pflegemutter; sie hat dir heute den Weg zu uns gezeigt. Ihren Rat hast du gesucht, und befolgt!“ –

„Bei euch läuft’s doch wohl nun auf eins heraus, wem wir vertraut haben!“ höhnte Thorbjoern.

Sie erneuerten nun den Angriff, die zwölf gegen die zwei. Illuge verteidigte seinen Bruder, und sich selbst, mit größtem Heldenmut; denn Gretter war wegen seiner Krankheit, und seiner Rückenwunde, ganz kampfunfähig geworden.

Thorbjoern kommandierte: „Drängt den Illuge ab, und preßt ihn ein zwischen Schilde und Balken!“ Und er setzte hinzu: „Niemals sah ich seines Gleichen unter Männern von so jungem Alter!“ –

Gesagt, gethan.

Die Übermacht drängte den Illuge ab, und preßte den 18jährigen Jüngling ein zwischen Waffen und Balken, sodaß er nicht länger sich verteidigen konnte. Endlich überwältigten und entwaffneten sie ihn. Drei Männer hatte Illuge getötet, und viele verwundet.

Während Illuge von der einen Hälfte der Leute überwacht wurde, ging Thorbjoern mit der anderen zu Gretter hin.

Dieser war, kniend auf seinem Bette, vorn über auf sein Gesicht gesunken, und anscheinend schon tot; denn sein kurzes Schwert, dessen Griff fest die Faust umschlossen hielt, hing mit dem Arm senkrecht am Bettrande herunter.

Dennoch brachten sie dem wehrlos Daliegenden noch viele Wunden bei, die aber wenig mehr bluteten.

Als sie ihn nun für völlig tot hielten, griff Thorbjoern nach dem kurzen Schwerte, welches Gretters Faust noch umklammerte.

„Du hast dieses Schwert lange genug geschwungen,“ sagte Thorbjoern. „Gieb es her! – Jetzt ist es mein!“ –

Dabei zerrte Thorbjoern an dem Griff des Schwertes hin und her, und suchte es aus des Toten Hand zu reißen. Allein Gretters Faust umklammerte den Griff so fest, daß er dieses nicht vermochte. Mehrere der Leute sprangen herbei, und halfen zerren, drücken, brechen. Alles vergebens.

Endlich zogen acht Mann, vier am Schwerte und vier an dem Arm des Toten; aber vergebens! Sie konnten Gretters eiserner Faust, noch im Tode unbesiegbar, sein Schwert nicht entreißen.

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Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/267&oldid=- (Version vom 1.8.2018)