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es tobt die See! Du hast recht! Aber, wenn es mein Werk war, daß Gretter jetzt totkrank auf seinem Bette liegt, meinst du dann nicht auch, daß meine Hände mit im Spiele sind, wenn das Wetter jetzt sich zusehends verschlechtert!?“ –

„Pflegemutter, ich glaube, deine grauen Augen schauen tiefer in die Zukunft hinein, als die meinigen!“ sagte Thorbjoern, und stand auf.

„Das meine ich auch, Oengul!“ sagte Thurid befriedigt, und ließ sich langsam in ihre Kissen zurückgleiten. „Geh’ jetzt zu deinem Schwager Haldor[1] auf Hoefdi[2], und ratschlage mit ihm, wie du eine Macht zusammenbringst zu einem Angriff auf die Drang-ey. Haldor ist angesehen und reich!“ –

Thorbjoern that das freilich nicht sogleich, sondern schickte in seinem Eigensinn erst zu den früheren Losinhabern der Insel, und versuchte diese zu einem gemeinsamen Vorstoß gegen Gretter zu vereinigen. Hier fiel er aber gründlich ab. „Haben wir nicht unser gutes Land so billig dir abgetreten, darum, weil du, Thorbjoern, dich verpflichtet hast, den Gretter von der Insel wegzubringen, lebend oder tot? Und nun sollen wir für dich die Steine aus dem Feuer holen? – Nimmermehr! – Wir bestehen auf unserm Schein!“ –

Thorbjoern hatte eben nicht viele Freunde am Fjord, auf die er rechnen konnte. Aber er beschloß sie aufzusuchen. Und er hatte damit Erfolg. Tungustein[3] auf Steinstaetten[4] gab ihm zwei Mann. Sein Bruder Hjalte[5] gab drei Mann. Eirik[6] auf Goddaler[7] einen. Er selbst konnte sich sechs Mann stellen. Mit diesen zwölf Mann ritt Thorbjoern zu seinem Schwager Haldor auf Hoefdi.

Der war erstaunt mit einer solchen Schar ihn anrücken zu sehen, und fragte nach dem Zweck seiner Reise.

„Ich will nach der Drang-ey hinüber, dem Gretter an Leib und Leben.“

„In diesem Herbststurm?“

„Die Zeit ist günstig!“

„Wer hat dazu geraten?“

„Meine Pflegemutter!“

„Dann führt es zu nichts Gutem!“

„Warum nicht?“

„Sie hat’s mit Zauberei zu thun. Und dergleichen Künste sind jetzt verboten. Wir sind Christen geworden!“


Anmerkungen (Wikisource)

  1. isl. Halldór Þorgeirsson
  2. isl. Höfði (Nicht korrekt, aber belassen: Der Großvater wohnte auf Höfði á Höfðaströnd – vgl. Höfði á Höfðaströnd –, Halldór auf Hof á Höfðaströnd – vgl. Hof á Höfðaströnd.)
  3. isl. Tungu-Steinn Bjarnarson
  4. isl. Steinsstaðir
  5. isl. Hjalti
  6. isl. Eiríkur (Sohn des Hólmgöngu-Starri)
  7. isl. Goðdalir


Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/261&oldid=- (Version vom 1.8.2018)