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nahmen sie ihren Weg. Als sie den Hof Glauinbaer passiert hatten, begegnete ihnen ein Mann mit einem großen Kopf auf einem mageren, lang aufgeschossenen Körper. Er war schäbig gekleidet, augenscheinlich ohne Stellung, und bot sich ihnen zum Begleiter an. Der Mensch schien ortskundig, flink war seine Zunge, und er wußte vielerlei Schnurren hier über die Leute der Nachbarschaft, welche er nicht ohne Witz zum Besten gab. Das belustigte den Gretter, und er erlaubte ihm zu bleiben.

„Wie heißt du denn, Geselle?“ fragte Gretter.

„Ich heiße Thorbjoern, aber, weil ich so flott erzählen kann, nennen mich die Leute immer Gloem (d. h. lautes Gerede). Nennt mich Gloem, Herr!“ –

Das Wetter war kalt, und es schneite stark. Alle waren fest in ihre Mäntel gewickelt. Nur Gretter hatte die Kapuze seines Mantels auf die Schultern herabfallen lassen, und trug den Kopf mitten im Schneesturm frei.

„Die Leute auf Glauinbaer, Herr, wunderten sich darüber,“ sagte Gloem, „daß ihr die Kapuze nicht über den Kopf gezogen trugt, und meinten: ‚Ist der Mann wohl ebenso tapfer, als er gut die Kälte ertragen kann?‘“ –

„Ich sah dort des Bauern Söhne mit wollenen Handschuhen in der Stube sitzen! – Die scheinen mir nicht sehr tapfere Leute zu sein!“ warf Gretter hin.

Reykjanes lag hinter ihnen, und sie näherten sich der Küste. Gloem rückte jetzt mit der Bitte heraus, die beiden Brüder möchten ihn auf die Insel mitnehmen. Er wolle ihnen täglich gut aufwarten. „Darin bin ich Meister, das ist mein Fach!“ setzte er hinzu.

Die lustige Art des Burschen und seine Gewandheit ließen ihn nicht ungeeignet erscheinen für einen so einsamen Aufenthalt, wie die Drang-ey es war, und Gretter sagte: „Wir wollen es mit dir versuchen!“

Sie waren nun auf Reykir angelangt, welcher Hof hart am Meere lag, und dem Bauer Thorwald gehörte.

Von hier aus nach der Insel Drang hinüber betrug die Entfernung nur eine Seemeile. Das Schiff zur Überfahrt mußte ihnen aber Thorwald stellen, sonst war das Hinüberkommen unmöglich.

Gretter beschloß sich ihm anzuvertrauen, und sagte:

„Es ist meine Absicht auf Drang-ey Aufenhalt zu nehmen!“ –

„Das werden die Leute am Skagafjord dir gewiß sehr übel nehmen;

Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/225&oldid=- (Version vom 1.8.2018)