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„Das weiß ich,“ sagte Thorodd; „aber wer nichts wagt, gewinnt auch nichts!“ –

Darauf zog er sein Schwert, und griff den Gretter hitzig an.

Dieser begnügte sich mit seinem Schilde die nach rechts und links geführten Streiche aufzufangen, ohne selbst sein Schwert zu brauchen.

So ging es eine ganze Zeit lang, und Gretter parierte so geschickt, daß trotz aller Hartnäckigkeit des Gegners auch nicht ein einziger Hieb bei ihm saß.

Endlich sagte Gretter: „Wir wollen diese Possen endigen! – Über mich gewinnst du doch niemals den Sieg!“ –

Dennoch setzte Thorodd, und zwar mit verstärkter Heftigkeit, seine Angriffe fort. –

Nun wurde Gretter ungeduldig, packte Thorodd mit der Faust, entwand ihm sein Schwert, und schleuderte es weit fort. Den Gegner aber setzte er auf den Sand.

„So, nun könnte ich mit dir ja machen, was ich wollte!“ sagte Gretter. „Verschone ich dich, so geschieht es nicht um deinetwillen, sondern um deines Vaters willen! – Das Wort von den Lippen des greisen Goden Snorre hat schon manch einen Mann dazu gebracht, in die Knie zu sinken! – – Du aber solltest so viel Verstand besitzen, dich nicht auf Dinge einzulassen, denen du nicht gewachsen bist! – Es ist kein Kinderspiel, mit dem Gretter zu fechten!“

Thorodd stand auf, und trennte sich von seinem großmütigen Gegner tiefbeschämt.

Er war übrigens ehrlich genug, seinen Angriff, wie seine Niederlage, seinem Vater zu melden.

Der Greis lächelte verständnisvoll, und sagte: „Du warst unklug genug, dich in Gretters Gewalt zu begeben; und er war klug genug, dich zu schonen. – Er schonte dich um meinetwillen. Das war klug und edel von Gretter. Diese Großmut werde ich vergelten, wenn Gretters Sache vor dem Althing zur Verhandlung steht. Bald müssen die 20 Jahre voll sein, die er friedlos lebt. Dann soll er frei werden!“ –

„Bleib jetzt in Tunga, Thorodd! – Ich nehme deinen Willen für die That! – Dir ist vergeben!“ –

Gretter brach aus dem Gebirge auf, und nahm seinen Weg nach

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Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/222&oldid=- (Version vom 1.8.2018)