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Halle aufhing, er sie bat: „Mutter hänge diese braunen Bilder mir nicht zu, sie sind viel schöner, als jene bunten!“ –

Asdis und Illuge führten Gretter zu dem reichgeschnitzten Hochsitz in der Mitte der rechten Langseite der Halle.

„Hier saß einst Asmund, euer Vater,“ sagte die Mutter, „als sein Haar noch blond war, und seine Augen blitzten, wenn rings um ihn her die Sippen und die Nachbarn fröhlich schmausten! – Hier setze auch du dich nieder, mein Sohn! Je kürzer deine Rast im Vaterhause, je mehr der Liebe und der Ehre!“ –

Diener traten ein, und breiteten über ein vor den Stuhl gerücktes Holzgestell die schwere, blankgebohnte Tischplatte aus, welche, wenn nicht gebraucht, an Ringen die Vertäfelung herabhing.

Mägde trugen aus dem Bur, der Speisekammer, reichlich Speisen auf.

Und an das Skapgefäß, den Mischkrug, welcher auf dem Schenktisch links vom Eingange seinen Platz hatte, trat Illuge selbst heran, und schöpfte den Met in das kostbarste der Trinkhörner, mit Silber reich beschlagen, und mit edlem Gestein verziert. Er reichte das gefüllte Horn dem Bruder hin, und sprach: „Hier, nimm diesen Trunk zum Gruß, und auch zur Labe!“ –

„Ach, Mutter,“ rief Gretter, sie umarmend, aus: „Wo ist es schöner, als im Vaterhause!“ –

Als das Mahl beendet, und die Aufwärter abgetreten waren, mußte Gretter von seinem abenteuernden, sorgenvollen Leben viel erzählen, was beide, Mutter und Bruder, mit geteilter Empfindung anhörten, jene mit Herzweh, dieser mit leuchtenden Augen und erwachender Kampfeslust.

„Und nun erzählt auch ihr mir,“ sprach Gretter: „Was trug sich inzwischen unter unseren Sippen und Nachbarn zu?“

„Dein Vetter, Thorstein Kuggasohn, ist tot,“ sprach die Mutter! –

„Da ist ein fleißiger und geschickter Mann von hinnen gegangen und ich verlor einen braven Freund,“ erwiderte Gretter. „Einen gastlichen Winter habe ich in Ljaskogar verlebt. Ich half ihm seine Schellenbrücke bauen, auf die er so stolz war. Denn es war alles seine eigene Erfindung. Er stärkte mich damals sehr durch sein kluges Wort, und seine willenskräftige Hand. Wenige waren ihm gleich! – Wenige so zuverlässig und so treu!“ –

„Ja, mein Sohn, die Zahl deiner Freunde nimmt immer mehr ab, und die Zahl deiner Feinde wächst,“ sprach die Mutter. „Thorer auf

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Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/217&oldid=- (Version vom 1.8.2018)