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Jeden Tag zerbrach man sich den Kopf und auch das Herz über Thorsteins Verschwinden. Jeden Tag hoffte man auf seine Wiederkehr. Aber das Jahr verging, und Thorstein kam nicht zurück.

Weihnachten war wieder da.

Wieder wurden in Eyjadalsau die Lichter zum Vespergottesdienst angezündet, und die Gläubigen strömten thalauf, thalab herbei, um das gloria der Engel mit anzuhören, mitzusingen.

Auch Steinvoer wollte wieder dorthin.

Sie beauftragte ihren Großknecht, unterdessen das Haus zu behüten. Dieser machte zunächst Einwendungen, ließ sich jedoch schließlich bewegen, auf dem gefährlichen Posten zu bleiben.

Wiederum um die Mitte der heiligen Nacht ließ sich im ganzen Hause das große Getöse vernehmen. Wiederum die allgemeine Beklemmung. Und am Morgen, als die Hausfrau zurückkehrte, wiederum das spurlose Verschwinden eines Mannes, diesmal des Großknechtes. Man durchsuchte dessen Kammer, man durchforschte die übrigen Räume des Hauses, den Hausflur, den Wirtschaftshof. Man betastete, und untersuchte die Thüren und die Schlösser. Alles war in guter Ordnung. Endlich entdeckte man auf der Außenseite der Hausthür einige leichte Blutflecken.

Nun kam man zu dem Schluß, daß ein Troll es gewesen sein müsse, der jetzt den Knecht, wie Jahres zuvor den Hausherrn, in der heiligen Nacht entführt hätte.

Die Kunde von diesem sonderbaren Vorfall verbreitete sich rasch über das ganze Bardarthal, wie auch die benachbarten Thäler, und wurde Gegenstand allgemeinster Erörterung.

So lagen die Dinge, als Gretter, nachdem er den Thorer gefoppt hatte, in Verkleidung über die Berge kommend, das Bardarthal betrat.

Er erfuhr von Thorstein’s und des Großknechtes geheimnisvollem Verschwinden, sowie von der Vermutung der Nachbaren, daß ein böser Geist die Ursache all dessen sei.

„Ich habe vor Jahren auf Thorhallstaetten im Forsaeluthale den Glam überwunden, und dort das Haus von diesem bösen Gespenst befreit. Damals war ich noch jung und unerfahren. Jetzt traue ich mir mehr zu. Ich will den Leuten dort helfen, und mir neue Freunde werben. Ich kann sie brauchen.“ So sprach Gretter zu sich selbst und nahm den Weg auf Sandhaugar zu. Er wußte es so einzurichten, daß er gerade am Weihnachtsabend dort eintraf.

Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/200&oldid=- (Version vom 1.8.2018)