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finden ihn auf der Moedruthal- und der Reykjaheide. Nichts desto weniger dehnte Thorer seine rastlosen Nachstellungen auch auf diese öden Gegenden aus.

Er hatte gehört, daß Gretter auf der Reykjaheide sich aufhalte, rief seine bewaffneten Knechte zusammen, und zog mit starkem Gefolge dorthin.

Hier auf offenem Felde fehlte dem Gretter jene Rückendeckung, welche dort in der Klamm ihn gerettet hatte.

„Hier umzingeln wir ihn leicht, und strecken ihn nieder!“ Das war Thorers Plan.

Und dieser Plan schien zu gelingen.

Gretter wurde den anrückenden Feind erst gewahr, als derselbe bereits ganz nahe war. Dazu hatte er nur einen einzigen Begleiter!

Beide warfen, als sie des Feindes ansichtig wurden, ihre Pferde rasch herum, und Gretter suchte eine Saeterhütte zu erreichen, welche seitwärts vom Wege lag. Hier zogen sie die Pferde rasch ins Haus, und verrammelten die Thür.

Thorer, der sie nicht bemerkt haben mußte, ritt vorbei, nordwärts.

„Das Gewitter ging diesmal vorüber, ohne einzuschlagen,“ sagte Gretter zu seinem Gefährten, und trat aus der Hütte heraus.

Der Zug der Bewaffneten stieg eine Bergkuppe hinan, und hielt dort Umschau. Offenbar berieten sie sich. Dann machten sie kehrt, und kamen denselben Weg wieder zurück.

„Ich habe Lust mit Thorer zu reden,“ sprach Gretter zu seinem Begleiter. „Hüte du die Pferde! – Ich trete zu Fuß ihm in den Weg. Schwerlich erkennt er mich. Wenn er dann später davon hört, daß ich es war, der ihn zum Besten hielt, wird er schwer sich darüber ärgern!“ –

„Gretter, du riskierst dein Leben!“ rief der Knecht warnend. „Laß diesen tollkühnen Streich!“ –

„Nur keine Furcht, mein Junge! – Zunächst eine Verkleidung!“ –

Er warf sein Wams ab, und langte des Hirten langen Rock von der Wand. Den zog er an. Dann setzte er einen breitkrämpigen Hut auf, und drückte ihn tief in die Augen. Endlich nahm er einen Knotenstock in die Hand. So verließ er die Hütte, und schritt dem Zuge des Thorer entgegen.

Dieser begrüßte den Wanderer, hielt ihn an, und fragte:

„Hast du hier nicht jemanden über das Gebirge reiten sehen?“ –

„Ja wohl Herr, das habe ich!“ sagte der vermeintliche Hirte. „Der Gretter war es und sein Knecht! – Den suchst du doch?“

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Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/196&oldid=- (Version vom 1.8.2018)