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Er griff nach seinen Waffen, und lief den Abhang hinunter.

Gisle hörte den schrillen Laut herabrollender Kieselsteine, die unter Gretters tretenden Füßen hinwegglitten.

„Da kommt jemand hurtig den Abhang herunter,“ rief Gisle seinen Begleitern zu, „er ist groß von Statur, und hat ohne Zweifel den Wunsch hier unsern Weg zu kreuzen. Zeigt jetzt, Leute, daß ihr tapfere Männer seid; denn hier ist ein guter Fang zu machen!“ –

„Sucht der Händel, so soll er sie haben!“ riefen die Knechte.

Mit diesen Worten sprangen sie von den Pferden.

In diesem Augenblick trat Gretter auf den Fahrweg, und griff nach einem Kleidersack, welcher an Gisles Reitsattel hing.

„Dies ist mein! Damit begnüg’ ich mich! Heute will ich einmal bescheiden sein!“ rief Gretter.

„Hände fort!“ kommandierte Gisle. „Du scheinst nicht zu wissen, wer vor dir steht!“ –

„Das scheint so!“ entgegnete Gretter. „Aber was macht das aus, wo es sich um solche Lumperei handelt!“ –

„Dem Lump ist manches Lumperei!“ rief Gisle. „Mir ist dieser Sack dreißig Mark Silber wert. Du bist ein unverschämter Geselle! Auf, Kameraden, faßt ihn! Laßt uns nun prüfen, wozu er taugt?“ –

Gretter sprang auf einen Stein zurück, der am Wege lag, und deckte sich.

Die Knechte drangen auf ihn ein.

Dieser Stein liegt noch heute an jener Stelle, und wird Grettershaf genannt.

Gretter merkte sofort, daß Gisles Mut nur in seinen Worten steckte, nicht in seinen Fäusten. Denn er hielt sich während dieses Kampfes stets klüglich hinter seinen Knechten zurück. –

Einige Minuten lang kreuzten sie die Klingen, ohne einander zu schaden.

Des Hin- und Herfuchtelns bald überdrüssig, holte nun Gretter im Ernste aus, und hieb den einen Begleiter des Gisle nieder. Drauf sprang er vom Steine herab, und ging zum Angriff vor, so gewaltig, daß Gisle sich genötigt sah, am Fuß des Felsens immer mehr zurückzuweichen.

Dort fiel der zweite Knecht.

„Du verteidigst schlecht deine Kameraden,“ rief Gretter dem Gisle zu, „man kann nicht gerade spüren, daß du anderswo ein Held warst!“ –

Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/177&oldid=- (Version vom 1.8.2018)