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Eines Morgens kam Grim vom Fischfang zurück, und trat in die Hütte.

Er sah den Gretter, lang ausgestreckt, auf seinem Bette liegen, die Augen geschlossen, und anscheinend im Schlaf.

Doch, er war seiner Sache nicht ganz gewiß. So stampfte er denn mit seinen beiden Füßen auf dem Estrich umher, wie einer, der trampelnd sich die Füße erwärmen will.

Auch bei diesem Geräusch regte Gretter sich nicht.

Nach einer Pause, in der Grim den Daliegenden scharf beobachtete, wiederholte er dasselbe Geräusch.

Auch jetzt regte Gretter sich nicht.

Nun glaubte Grim seiner Sache völlig gewiß zu sein, daß Gretter schlafe, und zwar ganz tief.

Er schleicht also auf Zehspitzen zu Gretters Bett. Er horcht. Er beugt sich über ihn. Dann streckt er die Hand aus nach dem kurzen Schwert, das an der Wand über Gretters Kopf hängt. Schon berühren die Fingerspitzen den Schwertknauf. Da, ein Geräusch, ein Zucken in den Wimpern des Schlafenden.

Erschreckt fährt Grims Hand wieder vom Schwertknauf zurück.

Doch es war Täuschung, die Atemzüge des Schlafenden gehen regelmäßig weiter.

Nun erhebt Grim den Arm, und greift nach dem Schwerte. Er faßt es, und holt zum Schlage aus gegen Gretters Hals.

In diesem Augenblick, wie ein Blitz, springt Gretter auf die Füße. Mit der rechten Hand umklammert er des Gegners Arm, welcher das Schwert zückt, mit der Linken greift er ihm an die Brust.

„Halunke! das also war der Sinn deiner kriechenden Freundlichkeit!“ –

Er schleudert den Angreifer zu Boden, daß dieser fast die Besinnung verliert.

„Schone mein!“ stöhnte Grim, an der Erde sich krümmend. „Es war nicht meine Schuld. Thorodd Drapastuf stachelte mich auf. Er hat mich gekauft. Die Leute am Hrutafjord lockten mich durch das Versprechen von Freiheit und Geld, dich zu töten!“ –

„Und du ließest dich locken und kaufen, du Schuft, und heucheltest mir Liebe und Freundschaft! So fahre denn hin, und empfange den verdienten Lohn!“ –

Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/161&oldid=- (Version vom 1.8.2018)