Seite:Gretter der Starke.pdf/152

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

„Es ist möglich, daß Gretter dies verdient hat!“ – sagte Thorbjoerg. „Aber, ihr Männer vom Isafjord, ihr wollt einen Stein aufheben, der für euch zu schwer ist! – Zwar wird Gretter vom Unglück verfolgt, aber er ist doch aus einem vornehmen Hause!“ –

Dann, zu Gretter gewandt, sprach sie: „Welche Verpflichtungen willst du eingehen, falls ich dir das Leben schenke?“ –

„Was forderst du, Herrin?“ fragte Gretter.

„Du sollst,“ sagte Thorbjoerg, „mir schwören, hier am Isafjord fortan keinem mehr ein Leid zu thun, und an keinem von diesen Leuten, welche dich fingen, Rache zu nehmen!“ –

Gretter leistete den verlangten Schwur.

Darauf wurde er auf Befehl der Häuptlingsfrau losgebunden. Ein Knecht mußte sein Pferd ihm abtreten, und Gretter ritt nun an Thorbjoergs Seite nach ihrem Hofe hinab, als ein geladener Gast.

Vermund war von Hause abwesend, als dieses vor sich ging, und traf erst nach einigen Tagen ein.

Als er den Gretter unter seinem Dache fand, runzelte er die Stirn und fragte streng: „Was soll der Gretter hier?“

Thorbjoerg erzählte alles, wie es zugegangen war. –

„Warum schenkest du ihm das Leben?“ fragte Vermund.

„Dazu hatte ich viele Gründe!“ erwiderte Thorbjoerg. „Erstens werden die Leute dich für einen größeren Häuptling halten, wenn du ein Weib hast, welches kühn zu handeln wagt! – Zweitens würden Gretters Verwandte es von mir am wenigsten erwarten, daß ich ihn töten ließe! – Drittens ist Gretter selbst ein großer Held!“ –

„Du bist ein verständiges und kluges Weib,“ sagte Vermund, „und ich danke dir für deine That!“ –

Dann wandte er sich zu Gretter:

„Es war doch ein sonderbares Mißgeschick, daß diese armseligen Wichte dich überrumpelten und banden, dich, den Riesen!“

„Mein altes Pech, nichts weiter,“ sagte Gretter, „lieferte den Löwen in die Gewalt der Ferkel.“

„Und, was beschlossen die Ferkel, als sie den Löwen geknebelt hatten?“

„Sie beschlossen, ihm zu geben den Lohn des Sigar, der einst den Hagbard, den Bräutigam seiner Tochter, hängen ließ.“

„Und, wer hinderte die Ferkel, zu thun, wie sie beschlossen?“ –

Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/152&oldid=- (Version vom 1.8.2018)