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Küste nicht verbrannt, so sehr auch der Schein wider ihn sprechen mochte, sodann hatte man ihn wegen dieser That verurteilt, ohne seine Rückkehr aus der Fremde abzuwarten, ohne ihm die Gelegenheit zu geben, sich zu verteidigen.

Sein Gewissen sprach ihn frei.

Um so mehr mußte es ihn empören, sich so ungerecht behandelt zu sehen. „Kränkt ihr mein Recht, so kränke ich euer Recht wieder.“ Dieses wurde fortan der treibende Gedanke seines Handelns.

Er warf sich wild in den Kampf gegen eine Gesellschaft, welche ihn rechtlos ausstieß.

Gretter wählte zunächst zu seinem Aufenthalt jene Halbinsel, welche im Nordwesten von Island sich abzweigt, und durch eine Landenge von nur 7 Kilometer Breite mit der übrigen Insel zusammenhängt.

Diese Halbinsel ist sehr gebirgig; Isa-Arnar-Dorschfjord schneiden tief in dieselbe ein.

Nur ein einziger größerer Bauer wohnt auf ihr. Der Häuptling Vermund mit dem Beinamen Mjofe, das heißt, der Schmächtige, dessen Frau Thorbjoerg war. Sie ersetzte, was ihrem Manne an Leibesfülle gebrach; denn sie hieß Digre, das heißt, die Dicke, die Starkknochige.

Aber Thorbjoerg hatte nicht bloß einen kräftigen Körper, sie hatte auch einen kräftigen Willen.

Die anderen Insassen der Halbinsel waren nur Kleinbauern. Diese fing Gretter an zu brandschatzen. Den einen zwang er, ihm Kleidung zu liefern, den anderen Waffen, den dritten Eßwaren, dem vierten Pferde.

Alle empfanden das sehr übel; aber niemand wagte seine Forderungen, die er offen auf den Höfen stellte, abzuschlagen, selbst nicht eine saure Miene zu machen. In dem Grade hielt Gretter alle in Furcht.

Des Tages streifte er umher, des Nachts schlief er in einer Saeter, hoch oben im Gebirge am Saume eines Waldes. Hirten hatten hier sein Quartier entdeckt, und trugen diese Nachricht geschäftig auf den Höfen umher.

Der Gefährte der Kühnheit ist oft die Sorglosigkeit.

Auch Gretter verfiel derselben. Er verkehrte oben harmlos mit den Hirten, und ließ sie in seine Gewohnheiten hineinblicken. Nur seinen Namen ihnen zu verschweigen, hatte er doch die Vorsicht.

Die Hirten verrieten alles, was sie von ihm sahen und hörten, an die Bauern. Und diese rotteten sich schließlich zusammen, 30 Mann.

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Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/149&oldid=- (Version vom 1.8.2018)