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„An wen habe ich mich denn in dieser Sache zu halten?“ fragt Thorodd Drapastuf.

„An Gretters nächste Verwandte männlichen Geschlechts!“ entgegnete Skapte.

„Wer sind diese?“ fragte Thorodd.

„Das zu ermitteln, ist nicht Sache des Gerichts. Das ist deine Privatangelegenheit,“ entschied Skapte.

So blieb denn Thorbjoerns Tötung, und die Festsetzung der Strafe für diese That noch unentschieden.

Dagegen für Atles Ermordung wurde von dem Gericht als Strafe festgesetzt die Zahlung von 80 Lot Silber. Und diese Strafe hatte der nächste Anverwandte des, inzwischen selbst erschlagenen, Übelthäters[1] zu entrichten. Sie traf also den Thorodd Drapastuf.

Achtzig Lot Silber berechneten sich damals, wie folgt. Ein Lot Silber entspricht 1/38 Pfund, das ist 2 Mark 25 Pfennig nach heutiger Münze. Demnach waren achtzig Lot Silber gleich 180 Mark. Und, wenn man annimmt, gewiß mit Recht, daß damals das Geld einen zehnfach höheren Wert besaß verglichen mit heute, so ergiebt sich, daß Atles, eines freien Mannes, Tod, zu jener Zeit gebüßt wurde mit einer Strafe von 1800 Mark nach heutigem Geldwert. Die Höhe dieser Geldsumme setzt eine große Wohlhabenheit bei den damaligen Großgrundbesitzern auf Island voraus.

Und wir haben noch stärkere Beweise für solchen Wohlstand.

Der Bauer Njaal, ein über die ganze Insel Island besonders angesehener Häuptling, wurde um das Jahr 1000 auf dem Althing verurteilt zu einer Geldstrafe von 90 Mark Silber, was einem jetzigen Werte von 33000 Mark in deutscher Münze gleichkommt.

Der Bauer Njaal bezahlte sofort auf dem Althing diese Buße, und entnahm den größeren Teil davon der mitgenommenen eigenen Kasse, nur den kleineren Teil borgte er von Freunden. Niemand nimmt aber seinen ganzen Baarvorrat auf solch eine Reise mit. Mit Recht sagen wir also: Welch eine Wohlhabenheit vertrat damals der Grundbesitz auf der heute so verarmten Insel Island! –

Thorodd Drapastuf ließ es nun sich angelegen sein, die nächsten männlichen Anverwandten des Gretter auffindig zu machen. Und es wurden als solche festgestellt seiner beiden Schwestern Söhne: Skegge, der Sohn des Gamle auf Melar, und Uspak, der Sohn des Glum auf Eyre in Nitra; beides hochgemutete, junge Männer.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Ubelthäters
Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/146&oldid=- (Version vom 1.8.2018)