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die Erfahrung lehrt, daß die meisten Menschen geneigt sind, ihre Berichte zu ihren Gunsten zu färben. Darum ist mein Bescheid dieser: Es kann über Gretters Ächtung so lange nicht vor Gericht entschieden werden, als er selbst abwesend, und dadurch seiner Verteidigung beraubt ist!“ –

So sprach Skapte.

Allein Thorer auf Gard im Adalthale war nicht der Mann, welcher durch Hindernisse sich zurückschrecken ließ.

Herrschsüchtig, mächtig, reich, im Besitz eines großen Anhanges unter den übrigen Häuptlingen, verfolgte er sein Ziel mit ebensoviel Nachdruck, als Zähigkeit.

Und er setzte es endlich durch, daß man Gretters Ankunft in Island nicht abwartete, sondern, daß man gegen des Gesetzsprechers Meinung schon jetzt in die Gerichtsverhandlung eintrat. Unter diesen Umständen war der Spruch der Richter denn auch nicht zweifelhaft. Er fiel ganz so aus, wie Thorer es wünschte. Nämlich:

„Gretter ist über ganz Island hin für friedlos zu erklären.“

„Gretter wird geächtet.“ –

So war denn Gretter zum zweiten Mal vom Althing bestraft. Das erste Mal nur mit dreijähriger Landesverweisung. Das zweite Mal aber weit schärfer, mit voller Aechtung, bei der jedermann eine gewisse Verpflichtung hatte, den Geächteten zu töten, wo er ihn antraf.

Außerdem setzte Thorer noch einen hohen Preis auf Gretters Kopf.

Die Freunde des Gretter hatten auf dem Thing vergebens versucht, ihn zu retten, und alle Bessergesinnten verließen diesmal die Versammlung mit der Überzeugung: „Hier ist ein Unrecht geschehen!“ – Hier hat die Gewalt über das Recht gesiegt!“ –

Gretter war jetzt 25 Jahre alt, als er in die Acht erklärt wurde.

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Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/126&oldid=- (Version vom 1.8.2018)