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„Gretter, bist du vielleicht an diesem Unglück schuld?“ so fragten sie, auf die angekohlten Menschenknochen zeigend.

„Du drangst gestern in das Haus hier ein, du rissest den Feuerbrand hier aus der Glut! Wie leicht verstreuen sich da die Funken. Das Stroh entzündet sich, zuletzt das Haus! Kein Zweifel, deine That, sie war die Ursache für dieses Brandunglück, für den Tod dieser Männer!“ –

„Ich sehe nun“, sprach Gretter ernst, „daß meine Ahnung von gestern wahr gesprochen hat: Ihr werdet mir die Wohlthat, euch den Feuerbrand geholt zu haben, nur schlecht belohnen!“ –

„Deine Wohlthat war das ärgste Bubenstück,“ schrieen die Kaufleute. – –

Oh, daß es doch der verderbten, menschlichen Natur inne wohnt, das Böse schneller aufzunehmen, zu glauben, zu verbreiten, als das Gute. Wie schnell schlägt bei der wandelbaren Menge das „Hosianna dem Sohne Davids“ um in das: „Kreuziget ihn!“ –

Die Schiffsleute, wie hatten sie noch gestern den Gretter bewundert und gepriesen, als er mit dem ersehnten Feuerfunken zu ihnen in die Hütte trat. Und jetzt sprachen sie es mit derselben Geläufigkeit den tückischen Kaufleuten nach: „Deine That, sie war das ärgste Bubenstück!“

Gretter sagte: „Ich erfahre es wieder, daß man bösen Leuten keine Handreichung thun soll!“ –

Man stieg nun in das Schiff und setzte die Fahrt gemeinsam fort.

Längs der Küste verbreitete sich schnell die Nachricht von den verbrannten zwölf Männern und, daß es Thorers Söhne aus Island mit ihrem Gefolge gewesen waren.

Und, wo die Kaufleute hinkamen, beeilten sie sich ihrerseits hinzuzusetzen: „Gretter, der Starke, Asmunds Sohn aus Island, ist es gewesen, der an ihrem Tode schuldig ist. Er hat die Hütte, in der die Männer nächtigten, in Brand gesteckt!“ –

Da Gretter sich dieses heimtückische Gerede verbot, kam es zum Streit und in einem der nächsten Häfen verließ Gretter das Schiff.

So hatten sich denn seine guten Aussichten für Norwegen, ganz ohne seine Schuld, sehr getrübt. Ihn verfolgte ein boshaftes Gerede, gegen welches er sich nicht wehren konnte, und seine hochherzige That drohte, ihm zum Fluch zu werden! –

Er hoffte indes auf den gerechten Sinn des Königs Olaf, und eilte zu ihm zu kommen.

Empfohlene Zitierweise:
Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/116&oldid=- (Version vom 1.8.2018)