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der Alten ist heutiges Tages ganz aus der Mode kommen, die Töchter sind nicht mehr so fromm oder so einfältig, daß sie ihre Liebe nach den Absichten der Mutter verschenken sollten, sie haben dieses Joch längstens abgeworfen, und seitdem sind sie so widerspänstig worden, daß sie alle diejenigen hassen, welche die Mutter sich zu Schwiegersöhnen wünschen, wenigstens lassen sie sich nicht leicht einen Liebhaber aufdringen. Sie haben in der That ein böses Spiel in Händen: die Gunst der Mutter ist verlohren, und die Gewogenheit der Tochter haben Sie nie besessen. Sie verstehen mich wohl, daß ich unter der ersten einen großen Grad der Freundschaft, und unter der andern eine wahre Zuneigung meine. Ein Mann, der weniger Herzhaftigkeit besäße als Sie, würde sich verlohren schätzen, und an eine Sache, die so entfernt ist, als der Friede, gar nicht weiter gedenken. Eine Liebe, die sich nur mit Möglichkeiten beschäftiget, gehöret unter die süßen Träume und für die Philosophen. Solche unglückliche

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Johann Karl August Musäus: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N *** in Briefen entworfen. Band 3. Michael Gottlieb Griesbach, Eisenach 1762, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grandison_der_Zweite_3.pdf/38&oldid=- (Version vom 1.8.2018)